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Der Tryptophanmetabolismus im Spannungsfeld zwischen Grundlagenforschung und Klinik

Zur biomedizinischen Bedeutung des Kynureninpfades bei chronischen Erkrankungen haben Prof. Philipp Zimmer und Dr. Niklas Joisten vom Institut für Sport und Sportwissenschaft der TU Dortmund kürzlich einen „Opinion Article“ im Fachmagazin Trends in Molecular Medicine veröffentlicht. Der Kynureninpfad ist der zentrale Abbauweg der essenziellen Aminosäure Tryptophan. Die Publikation ist das Resultat einer internationalen Kooperation mit weltweit führenden Experten auf dem Gebiet des Tryptophanmetabolismus. Die Arbeit stellt für die beiden TU-Forscher die Grundlage dar, um die gesundheitsfördernde Wirkung von regelmäßigem Sport bei chronischen Erkrankungen besser zu verstehen.

Aminosäuren sind die Grundbausteine für Proteine, die im menschlichen Organismus vielfältige Aufgaben übernehmen – zum Beispiel als Motorproteine, Rezeptoren, Hormone oder Enzyme. Ferner dienen einzelne Aminosäuren und deren Abbauprodukte als Signalmoleküle, die bei der intra- und interzellulären Kommunikation etwa im Immunsystem und dem Nervensystem, eine zentrale Rolle spielen und darüber hinaus maßgeblich an der Energiehomöostase beteiligt sind. Der Tryptophanmetabolismus, ein evolutionär hochkonservierter Abbauweg ausgehend von der Aminosäure Tryptophan, die über die Nahrung aufgenommen werden muss, ist integraler Bestandteil dieser biologischen Aspekte. Der größte Anteil des Tryptophans, mehr als 90 Prozent, wird über den sogenannten Kynureninpfad verstoffwechselt, der in nahezu allen Zellen und Gewebstypen ablaufen kann.


Nachdem in den letzten Jahren klar wurde, dass der Kynureninpfad bei verschiedensten chronischen Erkrankungen dysreguliert ist, bilden einzelne Enzyme vielversprechende Angriffspunkte für Medikamente zur Behandlung von beispielsweise onkologischen und neurodegenerativen Erkrankungen. Entgegen der Annahme, dass der Kynureninpfad eine Art pathologischer Treiber dieser Erkrankungen ist, existiert jedoch auch Evidenz zu kompensatorischen Wirkungen hinsichtlich des Fortschreitens von insbesondere immunvermittelten Erkrankungen (z.B. Multiple Sklerose, Rheuma). Hier setzt die Arbeit von Prof. Philipp Zimmer und Dr. Niklas Joisten vom Institut für Sport und Sportwissenschaft der TU Dortmund an. Sie haben sich mit der Frage, ob ein dysregulierter Kynureninpfad einen Pathomechanismus oder einen Kompensationsmechanismus darstellt, in dem „Opinion-Article“ befasst, der kürzlich im Fachmagazin Trends in Molecular Medicine veröffentlicht wurde. Die Publikation ist das Resultat einer internationalen Kooperation der beiden TU-Forscher mit Wissenschaftlern aus Schweden und Australien, die führende Experten auf dem Gebiet des Tryptophanmetabolismus sind. Die Erkenntnisse sind wegweisend für die zukünftige Entwicklung von Boostern versus Inhibitoren des Kynureninpfades für die Behandlung verschiedener chronischer Erkrankungen.

Die biomedizinische Einordnung und Interpretation des Tryptophanmetabolismus stellt für Dr. Joisten und Prof. Zimmer die Grundlage dar, um ihrem eigentlichen Forschungsschwerpunkt nachzugehen: Sie verfolgen die robusten Effekte von körperlichen Belastungen auf den Tryptophanmetabolismus, um die gesundheitsfördernde Wirkung von regelmäßigem körperlichem Training und Sport bei chronischen Erkrankungen besser zu verstehen. In diesem Zusammenhang scheint der Kynureninpfad als zentraler Abbauweg des Tryptophanmetabolismus eine wichtige Stellschraube im Spannungsfeld zwischen zugrunde liegenden molekularen Mechanismen und der Verbesserung von klinischen Messgrößen durch Sport und Bewegung einzunehmen. Beide Forscher sind 2020 an das Institut für Sport und Sportwissenschaft der TU Dortmund gekommen, wo Prof. Zimmer die Professur für „Leistung und Gesundheit (Sportmedizin)“ innehat. Der kürzlich veröffentlichte Artikel ist eine wichtige Vorarbeit für interdisziplinäre Forschungsprojekte innerhalb dieser Thematik, die die beiden Wissenschaftler derzeit mit internationalen Projektpartnern an den Start bringen.

(Technische Universität Dortmund)


Originalpublikation:

https://www.cell.com/trends/molecular-medicine/fulltext/S1471-4914(21)00187-8