VBIO

Für die Erholung der Bäume reicht der Regen nicht mehr aus

Eichenblätter mit Frostschäden. Thünen-Institut/Tanja Sanders

Die niederschlagsreiche Witterung in den Jahren 2023 und 2024 war günstig für die Natur. Der Zustand der Wälder hat sich dennoch nicht verbessert. Das zeigt der Waldzustandsbericht 2025, den Alois Rainer, Bundesminister für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH), heute vorgestellt hat. Das Thünen-Institut für Waldökosysteme koordiniert die jährliche Erhebung und berechnet die Daten. 

Die trockenen Jahre 2018 bis 2020 und 2022 haben bleibende Schäden im Wald hinterlassen: Seither verzeichnen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei der jährlichen Erhebung des Kronenzustandes einen deutlichen Anstieg des Schadniveaus. Gleichzeitig geht der Anteil der Fichte, die hauptsächlich geschädigt ist, zurück. Doch es gibt auch gute Nachrichten: Die Wälder sind deutlich vielfältiger geworden. Das zeigen die Daten von 2024, die im aktuellen Waldzustandsbericht des Thünen-Instituts im Auftrag des BMLEH ausgewertet wurden. Herausfordernd bleibt es, die geschädigten Wälder so aufzuforsten, dass sie sich zu klimastabilen Mischwäldern entwickeln, die wichtige Ökosystemleistungen wie die Speicherung von Kohlenstoff erbringen oder eine nachhaltige Holznutzung ermöglichen. 

So war das Wetter 
Laut Deutschem Wetterdienst (DWD) hatte bereits das Jahr 2023 hat einen neuen Rekord aufgestellt. Es war das bis dahin wärmste in Deutschland seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Allerdings war es im Gegensatz zu den vorhergehenden warmen Jahren 2018 bis 2020 nicht von Trockenheit und Hitzewellen geprägt, sondern von feucht-warmem Wetter mit großen Niederschlagsmengen. 
Das Frühjahr 2024 war wiederum ein Spitzenreiter: Es war das wärmste in Deutschland seit Messbeginn im Jahr 1881. Regional gab es zahlreiche Extremniederschläge, vor allem im Mai im Gefolge schwerer Gewitter. Heftiger Dauerregen führte im Saarland und in Rheinland-Pfalz zu einer dramatischen Hochwasserlage. Unter dem Spätfrost im April litten vor allem die Eichen. 

Deutliche Kronenverlichtung weiterhin hoch 
Obwohl die Witterung günstig war, liegt der Anteil der Bäume mit deutlicher Kronenverlichtung seit 2019 auf unverändert hohem Niveau. 2024 wiesen wie im Jahr zuvor 36 Prozent der Bäume deutliche Kronenverlichtungen auf. Als deutliche Schäden wird die Kronenverlichtung über 25 Prozent gezählt. Die Warnstufe (über 10 bis 25 Prozent Kronenverlichtung) wurde bei 43 Prozent aller Baumarten verzeichnet (Vorjahr: 44 Prozent). Ohne Schäden sind lediglich 21 Prozent der Bäume.
Überdurchschnittlich von Kronenverlichtung in der Stichprobe betroffen sind Bäume, die älter als 60 Jahre sind. Diese Bäume weisen häufiger Vorschäden auf und sind nicht mehr so anpassungsfähig. Der Anteil der Bäume mit deutlicher Kronenverlichtung beträgt 43 Prozent. Zum Vergleich: Bei den unter 60 Jahre alten liegt er bei nur 16 Prozent. 

Mittlere Kronenverlichtung einzelner Baumarten
Eine leichte Verbesserung im Vergleich zum Vorjahr haben die Forschenden bei der mittleren Kronenverlichtung bei Fichte und den sogenannten „anderen Laubbäumen“ wie Esche, Birke, Erle und Co. festgestellt. So sank der Anteil der mittel geschädigten Bäume bei der Fichte von 28,6 auf 27,2 Prozent. Bei den „anderen Laubbaumarten“ (ALB) ging die Anzahl von 26 auf 23,6 Prozent zurück. Allerdings könnte diese Verbesserung auch ein Effekt nach dem flächendeckenden Absterben der Fichte sein: Abgestorbene Bäume werden durch neue Bäume ersetzt. 

Kiefer und Buche weisen 2024 ungefähr das gleiche Niveau bei der mittleren Kronenverlichtung auf wie im Vorjahr: 22,5 Prozent bei der Kiefer, 28,5 Prozent bei der Buche. Kiefern hatten unter den betrachteten Artengruppen den besten durchschnittlichen Kronenzustand, auch wenn sich der Zustand seit 2019 deutlich verschlechtert hat.
Erheblich schlechter ergeht es auch den Eichen. Der Anteil der Bäume mit mittlerer Kronenverlichtung stieg von 27,6 Prozent auf 29,3 Prozent. Ebenfalls angestiegen ist der Anteil bei den sogenannten „anderen Nadelbäumen“ (ANB) wie Lärche, Douglasie oder Weißtanne – von 22,7 Prozent auf 25,3 Prozent. 

Eichen haben schwer gelitten
Die Eiche ist die Baumart mit den höchsten Anteilen mittlerer Kronenverlichtungen. Ein auffällig hoher Anteil von 51 Prozent weist sogar deutliche Kronenverlichtungen auf, 33 Prozent befinden sich in der Warnstufe und nur 16 Prozent weisen keine Kronenverlichtung auf. Ursache dafür sind sogenannte Eichenfraßgesellschaften. Insbesondere der Eichenprachtkäfer und dieser im Zusammenspiel mit dem Mehltau haben die Eichen in einigen Gebieten stark beansprucht. Auch der Spätfrost Ende April 2024 setzte den Bäumen zu. Allerdings ist die Eiche die durchschnittlich älteste Baumart in Deutschlands Wäldern und somit besonders anfällig für Schädlinge und Temperaturabweichungen.
Bei den Schadstufenanteilen zeigen sich insgesamt minimale Verbesserungen bei Fichte, Buche und ALB. Leichte Verschlechterungen wurden bei Kiefer und ANB sichtbar. Die Verbesserung bei der Fichte muss allerdings auf die bereits abgestorbenen und nicht mehr in der Stichprobe befindlichen Bäume zurückgeführt werden.

Absterberate steigt bei Eiche
Die Rate der abgestorbenen Bäume hat insgesamt abgenommen. Die Höchstwerte wie zu Zeiten der starken Trockenheit von 2018 bis 2020 werden aber nicht mehr erreicht – was allerdings daran liegt, dass große Teile der Fichtenbestände bereits abgestorben sind. Die Fichte und die ANB weisen mit 1,64 bzw. 1,67 Prozentpunkten die höchsten Absterberaten auf. Diese sind auch gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Auch bei der Eiche ist die Absterberate gestiegen. Sie liegt nun bei 0,58 Prozent. Die Anteile bei den ALB sowie bei Kiefer und Buche sind gegenüber dem Vorjahr unverändert geblieben bzw. gesunken. 

Starke Fruktifikation
Bei allen Baumarten haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eine ausgeprägte Fruchtbildung beobachtet. Buchen haben das dritte Jahr in Folge viele Früchte ausgebildet – dies ist einmalig in der Zeitreihe seit 1985 und gilt als Stressreaktion. Ursachen bei der Buche sind unter anderem hohe Stickstoffeinträge, aber auch hohe Sommertemperaturen im Klimawandel, die zur vermehrten Ausbildung von Blütenknospen führen.

Ausfallrate und Totholz
Die Ausfallrate, also der Anteil geplant geernteter und außerplanmäßig genutzter Bäume, die etwa durch Sturmwurf, Trockenheit und Borkenkäferbefall anfielen, sank im Jahr 2024 weiter von 4,7 auf 3,6 Prozent. Bei Fichten ging diese Rate noch deutlicher von 9,0 auf 5,7 Prozent zurück. Rund die Hälfte der geschädigten Bäume waren vom Borkenkäfer befallen. 
Der Totholzanteil in den Wäldern war 2024 unvermindert hoch und lag bei 2,7 Prozent.

(Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei)