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Rossameisen: Vorsicht ist besser als Nachsicht

Bei der Versorgung von Verwundeten sind Rossameisen wenig zimperlich. Um das Risiko von Infektionen zu minimieren, amputieren die Insekten verletzte Beine sofort – und können dabei ihre Überlebensrate mehr als verdoppeln. 

Rossameisen nutzen Amputationen, um nach Verletzungen die Ausbreitung von Entzündungen zu stoppen.

Rossameisen nutzen Amputationen, um nach Verletzungen die Ausbreitung von Entzündungen zu stoppen. Copyright: Bart Zijlstra

Wie auch bei uns Menschen spielt Wundversorgung im Tierreich eine wichtige Rolle. Viele Säugetiere lecken ihre Verletzungen, manche Primaten nutzen antiseptische Pflanzen und einige Ameisen produzieren sogar ihre eigenen antimikrobiellen Stoffe, um Infektionen zu behandeln. Letzteres hatte der an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) forschende Biologe Dr. Erik Frank bei der Afrikanischen Matabele-Ameise nachgewiesen. In einer neuen Studie, die nun in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B erschienen ist, nimmt er eine Ameisenart unter die Lupe, die medizinisch eine zwar weniger feine, aber dennoch effektive Klinge führt: Amputationen. Erik Frank leitet in Würzburg eine durch das Emmy Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Nachwuchsgruppe am Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie (Zoologie III).

Erst schneiden, dann fragen

Im Fokus der Studie mit dem Titel „Better Safe Than Sorry: Leg Amputations as a Prophylactic Wound Care Behaviour in Carpenter Ants“ steht Camponotus maculatus, eine vor allem in Afrika vorkommende Art der Rossameise. „Wir konnten beobachten, wie Arbeiterinnen verletzte Gliedmaßen ihrer Artgenossinnen auf Schulterhöhe amputierten, sie bissen das verletzte Bein mit ihren starken Mundwerkzeugen einfach ab“, erzählt Frank. Dabei spielte es keine Rolle, ob die Wunde infiziert war. Auch das Wundalter war für die Entscheidung nicht ausschlaggebend, die Ameisen gingen bei der Versorgung auf Nummer sicher.

„Den Luxus, eine Infektion abzuwarten, haben die Ameisen nicht. Wenn diese erkennbar wird, ist eine Amputation nicht mehr in der Lage, die Ausbreitung im Körper zu stoppen“, weiß Juan José Lagos-Oviedo, Doktorand und einer der beiden Erstautoren der Studie. Der Erfolg gibt den pragmatischen Tieren Recht. Die Überlebensrate der verletzten Arbeiterinnen konnten sie durch die Amputationen mehr als verdoppeln.

Entscheidungsprozesse vergleichbar mit der Humanmedizin

Da Insekten wie Ameisen, Termiten oder Honigbienen in großen Völkern leben, ist der Schutz von Infektionen, die sich in den dichtbesiedelten Kolonien schnell verbreiten können, für sie besonders wichtig. Die prophylaktischen Amputationen aufgrund fehlender Informationen zum Infektionsstatus sind im Tierreich einzigartig und erinnern an humanmedizinische Logik. Die Arbeit am Thema wird zukünftig weiter vertieft. In einem neuen Forschungsprojekt wird sich vor allem Doktorand Seiji Fujimoto Ameisenarten widmen, die sowohl Amputationen als auch Behandlungen mit antimikrobiellen Substanzen nutzen. „Wir wollen diese Entscheidungsfindung verstehen und außerdem herausfinden, wie diese Verhaltensweisen evolviert sind. Sprich, wieso nur manche Ameisenarten amputieren“, so Erik Frank.

Julius-Maximilians-Universität Würzburg


Originalpublikation:

Seiji Fujimoto, Juan José Lagos-Oviedo, Florian Seibel, Louis Puille, Ronja Hausmann, Eoin Corcoran, Thomas Schmitt, Erik T. Frank: „Better Safe Than Sorry: Leg Amputations as a Prophylactic Wound Care Behaviour in Carpenter Ants“; in Proceedings of the Royal Society B, doi: 10.1098/rspb.2025.1688, http://doi.org/10.1098/rspb.2025.1688

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