VBIO

Zukunft Biowissenschaften gemeinsam gestalten! 

Als VBIO sind wir überzeugt: Die Biowissenschaften liefern wichtige Beiträge, um Zukunftsprobleme zu erforschen und Lösungsansätze zu entwickeln.

Genetik der Klimaanpassung entdeckt

Um die Probleme des Klimawandels zu lösen, müssen wir verstehen, wie sich Pflanzen an unterschiedliche Bedingungen anpassen. Eine neue Studie verknüpft Klimadaten mit genetischer Variation und erklärt, wie sich das Lebermoos Marchantia polymorpha an unterschiedliche Klimabedingungen anpasst. 

Lebermoos

Marchantia polymorpha ist ein leistungsfähiges Modell für genetische Studien. Johannes Hloch/GMI

Mit der Beschleunigung des Klimawandels stehen Pflanzen unter wachsendem Druck, weil sie sich an veränderte Ökosysteme und Umweltbedingungen anpassen müssen. Diese Herausforderung ist für unsere Kulturpflanzen besonders brisant: Pflanzen, die gegen Trockenheit und Hitze resistent sind, sind unerlässlich für die Nahrungsmittelversorgung der Weltbevölkerung in einer kaum vorhersehbaren Zukunft. Glücklicherweise können sich Pflanzen ausgesprochen gut an sehr verschiedene Umgebungen und Klimazonen anpassen: Die Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) zum Beispiel gedeiht in klimatisch so unterschiedlichen Regionen wie Schweden und Italien. 

Wenn wir wissen, wie sich Pflanzen auf natürliche Weise an unterschiedliche lokale Bedingungen anpassen, können wir daraus schließen, wie sie auf den Klimawandel reagieren. Das trägt dazu bei, widerstandsfähigere Nutzpflanzen zu kultivieren. Die aktuelle Studie liefert neue Erkenntnisse über die genetischen Grundlagen der Klimaanpassung von Pflanzen. Die ForscherInnen kombinierten dabei Methoden der Populationsgenetik mit globalen Klimadaten und konnten dadurch genetische Merkmale ausfindig machen, die eine Klimaanpassung bei Marchantia polymorpha bewirken. 

Die Studie der Forschungsgruppen von Liam Dolan und Frédéric Berger (Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie, GMI) zusammen mit Kelly Swarts, einer ehemaligen GMI-Gruppenleiterin und jetzigen Gruppenleiterin am Umeå Plant Science Centre, sowie Masaki Shimamura von der Universität Hiroshima erschien am 10. Februar im Fachmagazin Current Biology. 

Eine genomische Karte der Klimaanpassung 

Genetische Varianten, die bestimmte Merkmale wie erhöhte Hitzeresistenz oder unterschiedliche Samengrößen bewirken, setzen sich häufig in Umweltbedingungen durch, in denen sie einen Überlebens- oder Reproduktionsvorteil bewirken. Welche genetischen Varianten für die Klimaanpassung verantwortlich sind, ist allerdings weitgehend unbekannt. Um die relevanten Varianten herauszufinden, verglichen die ForscherInnen die Genetik von mehreren regionalen Subpopulationen von Marchantia polymorpha, die in verschiedenen Regionen Europas, Amerikas und Japans gesammelt wurden. Sie erstellten so eine populationsgenomische Datenbank. Durch die Verknüpfung dieser Datenbank mit einem weltweiten Klimadatensatz konnten die WissenschaftlerInnen das genetische Profil jeder Teilpopulation mit dem lokalen Klima in Beziehung setzen. 

„Wir verglichen Populationen in Europa und Japan und identifizierten dabei genetische Varianten, die mit höheren und niedrigeren Sommertemperaturen sowie mit der Menge der Sommerniederschläge in Zusammenhang stehen“, erklärt Liam Dolan. „Diese Anpassungen könnten für die Optimierung der Reproduktion unter unterschiedlichen Bedingungen entscheidend sein“. 

Die ForscherInnen entdeckten auch, dass sich die genetische Variabilität verschiedener Populationen von Marchantia polymorpha deutlich unterscheidet: Populationen, die in unterschiedlichen Gebieten Europas gesammelt wurden, waren einander ähnlich, wiesen aber eine hohe genetische Variabilität zwischen ihren Individuen auf. Im Gegensatz dazu wiesen die geographisch isolierten japanischen Populationen einheitlichere genetische Profile auf, die sich von denen in Europa unterschieden. Diese Muster deuten darauf hin, dass die Klimaanpassung in Europa und Japan unterschiedliche Fortpflanzungsstrategien begünstigt, da Marchantia und andere Moose sich sowohl sexuell als auch asexuell fortpflanzen können. 

Die neue Datenbank zur Populationsgenomik ist die erste ihrer Art für Marchantia polymorpha und bietet WissenschaftlerInnen weltweit eine leistungsstarke Plattform zur Untersuchung der genetischen Variabilität. „Wir wollen als nächsten Schritt unsere Datenbank mit Proben aus der ganzen Welt ergänzen. Damit können wir ihre Aussagekraft und Relevanz noch weiter vergrößern“, betont Liam Dolan. „Unsere Plattform eröffnet neue Wege, um eine Vielzahl biologischer Fragen im Zusammenhang mit Pflanzenwachstum und -entwicklung zu beantworten.“

Gregor Mendel Institut für Molekulare Pflanzenbiologie


Originalpublikation:

Shuangyang Wu, Katharina Jandrasits, Kelly Swarts, Johannes Roetzer, Svetlana Akimcheva, Masaki Shimamura, Tetsuya Hisanaga, Frédéric Berger, Liam Dolan: Population genomics of Marchantia polymorpha subsp. ruderalis reveals evidence of climate adaptation, Current Biology. DOI: 10.1016/j.cub.2025.01.008, www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(25)00008-9

3D Grafik Leishmanien halten Infektionen nur mithilfe des Proteins TKUL aufrecht, das eine Kinase- (gelb) und eine Ubiquitin-Ligase-Domäne (blau) besitzt.

Leishmaniose zählt zu den sogenannten vernachlässigten Infektionskrankheiten (NTDs), die insbesondere Menschen in den ärmsten tropischen Regionen der…

Weiterlesen
Männliche Steinschmätzer aus dem Oenanthe hispanica-Komplex.

Der Klimawandel verändert unsere Umwelt in rasantem Tempo – und stellt viele Tierarten vor große Herausforderungen. Ob sie sich anpassen können, hängt…

Weiterlesen
ein Lander, bestückt mit modernster Sensorik für Messungen am Meeresgrund

Der Zustand der Ostseeküste und ihre durch den Klimawandel zu erwartende Entwicklung wurde jetzt in einer aktuellen Studie aufgezeigt. Sie…

Weiterlesen