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Wie verändert der Mensch den Arktischen Ozean?

Die Arktis
Die Arktis erwärmt sich schneller als der Rest der Erde und ist deshalb besonders anfällig für die Folgen des Klimawandels. Quelle: Claudia Elena Schmidt, Copyright: Helmholtz-Zentrum Hereon

Im Rahmen des EU-Projekts ECOTIP hat ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung des Helmholtz-Zentrums Hereon das Meer vor Grönland so umfassend analysiert wie selten zuvor. Die Kernfrage: Wie entwickelt sich das Gebiet angesichts von Klimawandel und Umweltverschmutzung? Die Ergebnisse sind erstaunlich - und besorgniserregend. Das Meer enthält beispielsweise auch heute noch Blei aus Zusatzstoffen im Benzin, obwohl diese seit rund 30 Jahren verboten sind.

In den Ozeanen bilden Nährstoffe, gelöstes Kohlendioxid und Spurenelemente die Nahrungsgrundlage und sind essenziell für viele natürliche Prozesse. Der menschengemachte Klimawandel beeinflusst diese Meereschemie erheblich. So gelangen zum Beispiel überschüssige Nährstoffe von Äckern über Flüsse ins Meer und auch die Industrie setzt neuartige, teils giftige Stoffe frei. Das kann gefährliche Folgen für Ökosysteme weltweit haben.

Messungen in aller Tiefe

Um herauszufinden, wie stark der Mensch diese Grundlage des Lebens in den Ozeanen verändert, hat ein Team aus internationalen Forschenden in dem EU-Projekt ECOTIP das Meer vor der Westküste Grönlands intensiv untersucht. ECOTIP steht für „Arctic biodiversity change and its consequences: Assessing, monitoring, and predicting the effects of ecosystem tipping cascades on marine ecosystem services and dependent human systems“. Die Expedition wurde vom National Institute of Aquatic Resources der Technical University of Denmark (DTU Aqua) organisiert und mit dem dänischen Forschungsschiff „Dana” umgesetzt. Viele internationale Projektpartner waren daran beteiligt.

Die Arktis steht besonders im Fokus, wenn es um die Folgen des Klimawandels geht, denn sie erwärmt sich deutlich schneller als der Rest der Erde. Das Team nahm an über 30 Standorten Wasserproben von der Oberfläche bis in mehrere Hundert Meter Tiefe. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Hereon-Institut für Kohlenstoff-Kreisläufe analysierten Hunderte dieser Proben auf das Vorhandensein chemischer Stoffe. Sie nutzten Methoden, die selbst feinste Spuren bestimmter Substanzen nachweisen können. 

Das Erbe der Blei-Ära

Unter den gemessenen Schadstoffen fiel Blei besonders auf. Blei wurde bis in die 1990er-Jahre Benzin beigemischt und gelangte so in großen Mengen in die Umwelt. Mit Luftströmungen wanderte es aus den dichtbesiedelten Regionen der Erde bis in die Arktis. Wie die Ergebnisse zeigen, lässt es sich dort immer noch in hohen Konzentrationen nachweisen – vor allem im Süden Grönlands, das näher an den USA und Europa liegt. „Wir haben festgestellt, dass es auch weiter im Norden zu finden ist“, sagt die Hereon-Wissenschaftlerin und Erstautorin Claudia Elena Schmidt. „Es gelangt über Meeresströmungen aus dem Süden dorthin. An diesem Beispiel kann man sehr gut sehen, wie lange solche Schwermetalle in der Natur verbleiben“ – eine Warnung für die Zukunft und den Umgang mit heutigen Problemstoffen.

Fortschreitende Versauerung 

Auch die Zunahme des Klimagases Kohlendioxid (CO2) wirkt sich auf das Meer aus. CO2 aus der Atmosphäre löst sich im Wasser und bildet dort – stark vereinfacht – Kohlensäure. Es trägt so zur Versauerung des Ozeans bei. Letztlich stößt es eine chemische Kettenreaktion an, die die Konzentration von Kalziumkarbonat im Wasser senkt. Muscheln und Schnecken benötigen Kalziumkarbonat zum Bau ihrer Schalen und Gehäuse. Je weniger davon im Wasser vorhanden ist, desto mehr Energie müssen die Tiere aufbringen, um es aus dem Meer zu filtern. Sollte die Versauerung weiter fortschreiten, kann das zunehmend den Bau ihrer Kalkschalen, ihr Wachstum und ihre Fortpflanzung negativ beeinträchtigen. Die Daten zeigen, dass es in den arktischen Gewässern einen deutlich sichtbaren Versauerungstrend gibt.

Momentaufnahme mit Seltenheitswert

Die Ergebnisse der Studie liefern eine umfassende Momentaufnahme vom Zustand des Meeres vor Grönland und helfen, den Einfluss des Klimawandels auf die Meereschemie zu verstehen. „Damit ist es uns gelungen, Wissenslücken zu schließen, weil viele Stoffe dort seit Jahrzehnten nicht mehr gemessen worden sind“, betont Claudia Elena Schmidt. „Die Metalle zum Beispiel wurden zuletzt in den 1990er-Jahren genauer untersucht.“

Helmholtz-Zentrum Hereon


Originalpublikation:

Schmidt, C. E., Zimmermann, T., Koziorowska, K., Pröfrock, D., and Thomas, H.: Influences on chemical distribution patterns across the west Greenland shelf: the roles of ocean currents, sea ice melt, and freshwater runoff, Biogeosciences, 22, 7053–7078, doi.org/10.5194/bg-22-7053-2025, 2025

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