VBIO

Neu entdeckter Signalweg schützt gezielt die Stammzellen der Pflanzenwurzel vor Salzstress

pflanzliche Salzstresstoleranz.
GSO1 ist wichtig für die pflanzliche Salzstresstoleranz. Links: Verlustmutanten der Rezeptorkinase GSO1 (gso1) weisen bei Salzstress im Vergleich zum Wildtyp (Col) ein verringertes Wachstum des Sprosses und der Wurzel auf. Mitte: Salzstress führt zu einer erhöhten Akkumulation der Rezeptorkinase GSO1 spezifisch im Meristem der Wurzelspitze und in der Endodermis der Differenzierungszone. Die Kinase SOS2 ist in der gesamten Wurzel präsent und Salzstress führt hier zu einer allgemein höheren Akkumulation (Darstellung in Falschfarben). Rechts: Modell der Arabidopsis-Wurzel bei Salzstress. © Chen C. et al./The EMBO Journal (2023)e113004

Ein hoher Gehalt an natriumhaltigen Salzen im Boden ist für viele Pflanzen ein Problem – sie wachsen schlechter oder gar nicht mehr. Bodenversalzung gilt als eine der größten Bedrohungen für die Ernährung der Weltbevölkerung, denn sie macht Böden zunehmend unfruchtbar, besonders in trockenen Regionen. Ein chinesisch-deutsch-spanisches Team von Wissenschaftlern, darunter Prof. Dr. Jörg Kudla und seine Mitarbeiter von der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster, hat nun bei der Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana) einen Mechanismus gefunden, mit dem die Pflanzen die empfindlichen Stammzellen ihres Bildungsgewebes in der Wurzel vor Salzstress schützen.

Das Bildungsgewebe, Meristem genannt, sorgt dafür, dass die Wurzel ständig neue Zellen bildet und somit wachsen kann. Es ist besonders empfindlich; seine Zellen haben im Gegensatz zu fertig ausgebildeten Pflanzenzellen keine Vakuole im Inneren, in die Schadstoffe entsorgt werden können.

Die Entdeckung, dass Pflanzen einzelne Zellgruppen gezielt vor toxischem Salzstress schützen, kam für das Forschungsteam überraschend. Zwar war bekannt, dass es in Pflanzen verschiedene Mechanismen gibt, um mit hohem Salzgehalt im Bodenwasser klarzukommen: zum einen das aktive Heraustransportieren von Salz aus den Zellen, zum anderen die mechanische Imprägnierung einer spezifischen Zellschicht der Wurzel. Dass Pflanzen zusätzlich speziell ihre Wurzelstammzellen schützen, war jedoch nicht bekannt. „Der von uns entdeckte Signalweg, der Komponenten bekannter Salzstress-Signalwege mit Signalproteinen zur Steuerung der Wurzelentwicklung vereint, dient einer zusätzlichen, spezifischen Entgiftung der Pflanze“, unterstreicht Jörg Kudla.

Der Mechanismus im Detail: Ein spezielles Enzym, eine sogenannte rezeptorähnliche Kinase mit der Bezeichnung GSO1, fördert den Natrium-Transport aus den Zellen des Meristems. GSO1 aktiviert dazu die Kinase SOS2 (SOS steht für „Salt Overly Sensitive“, also etwa „überempfindlich gegen Salz“) und diese wiederum ein Transportprotein (SOS1), welches Natrium-Ionen über die Zellmembran nach außen pumpt und im Gegenzug Protonen in die Zelle transportiert. Bei Salzstress wird GSO1 besonders in den Meristemzellen verstärkt gebildet.

Außerdem belegte das Team, dass GSO1 auch dazu beiträgt, das Eindringen von zu viel Salz in das Leitgewebe der Wurzel zu verhindern. Das Leitgewebe liegt im Inneren der Pflanze und transportiert Wasser und Mineralstoffe von den Wurzeln bis in die Blätter. Es ist durch eine mechanische Barriere – den Casparischen Streifen – gegen das unkontrollierte Eindringen von Wasser und den darin gelösten Mineralstoffen geschützt. Auch in den Zellen, die den Casparischen Streifen bilden, wiesen die Forscher einen durch Salzstress erhöhten GSO1-Gehalt nach.

„GSO1 ist eine in der pflanzlichen Entwicklungsbiologie bekannte Rezeptorkinase. Sie spielt bei verschiedenen Entwicklungsschritten der Pflanze eine wichtige Rolle. Wir konnten jetzt erstmals nachweisen, dass sie auch eine Rolle bei der Salztoleranz spielt und die ‚Natrium-raus-Pumpe‘ über einen alternativen, vermutlich von Kalzium unabhängigem Signalweg aktiviert“, erläutert Jörg Kudla. Kalziumsignale in den Zellen spielen bei anderen bekannten Anpassungsreaktionen von Pflanzen auf Salzstress eine zentrale Rolle.

Zu den Methoden: Das Team stieß durch einen Vergleich zahlreicher Mutanten von verschiedenen rezeptorähnlichen Kinasen der Acker-Schmalwand auf die Bedeutung von GSO1. Durch Protein-Interaktionsstudien identifizierten sie die Reaktionspartner des Enzyms innerhalb der Signalwege zum Schutz des Meristems und zur Bildung des Casparischen Streifens. Zu den in weiteren Untersuchungen eingesetzten Methoden zählten Massenspektrometrie und hochauflösende Mikroskopie.

Universität Münster


Originalpublikation:

Changxi Chen, Gefeng He, Jianfang Li, Javier Perez-Hormaeche, Tobias Becker, Manqing Luo, Lukas Wallrad, Jia Li, José M. Pardo, Jörg Kudla, Yan Guo (2023): A salt stress-activated GSO1-SOS2-SOS1 module confers Na+ extrusion for root meristem protection. The EMBO Journal (2023) e113004; DOI: https://doi.org/10.15252/embj.2022113004