Mit der bevölkerungsrepräsentativen Umfrage ermittelt die gemeinnützige Organisation Wissenschaft im Dialog (WiD) regelmäßig die Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zu Wissenschaft und Forschung.
60 Prozent sehen bei ChatGPT Gefahr von Falschinformationen
Die Hälfte der Menschen findet es positiv, sich mit Programmen wie ChatGPT komplexe Sachverhalte aus Wissenschaft und Forschung stark vereinfacht erklären lassen zu können. Weniger positiv wird die Möglichkeit gesehen, sich wie mit einem echten Menschen über Wissenschaft und Forschung zu unterhalten (32 Prozent) oder sich in kürzester Zeit Texte im Stil wissenschaftlicher Beiträge verfassen zu lassen (31 Prozent). Rund 60 Prozent bewerten es als bedenklich, dass Programme wie ChatGPT manchmal auch Falschinformationen zu wissenschaftlichen Themen wiedergeben oder deren Verbreitung erhöhen können. Ebenso viele schätzen es als bedenklich ein, dass unklar ist, ob wissenschaftliche Inhalte von einem Menschen oder einem Programm verfasst wurden.
„Programme wie ChatGPT und die allgemeine Entwicklung von KI sind keine unaufhaltsamen Naturgewalten, die über uns hereinbrechen. Dies sind Entwicklungen, die wir steuern können. Die Ergebnisse des Wissenschaftsbarometers zeigen ein erhebliches Misstrauen in der Bevölkerung bezüglich ihrer Anwendung in der Wissenschaftskommunikation. Es ist daher entscheidend, diese Bedenken ernst zu nehmen und die Risiken hinsichtlich Desinformation zu minimieren. Gleichzeitig sollten wir alle Potenziale nutzen, die Künstliche Intelligenz für die Kommunikation mit und über Wissen birgt", sagt Dr. Benedikt Fecher, Geschäftsführer von Wissenschaft im Dialog.
40 Prozent fühlen sich gut oder sehr gut über Neues aus der Wissenschaft informiert
Immer mehr Menschen fühlen sich über Wissenschaft und Forschung gut informiert: Rund 40 Prozent der Deutschen geben an, eher gut oder sehr gut über Neues aus Wissenschaft und Forschung auf dem Laufenden zu sein. Im Jahr 2019, als diese Frage zuletzt erhoben wurde, war es knapp ein Drittel. Fragt man Bürgerinnen und Bürger, wie sie die Bemühungen von Forschenden einschätzen, über ihre Arbeit in der Öffentlichkeit zu kommunizieren, zeigt sich: 37 Prozent sind der Meinung, dass Forschende sich zu wenig bemühen, die Öffentlichkeit über ihre Arbeit zu informieren. Dieser Wert ist größer im Vergleich zu den Pandemiejahren (2021: 29 Prozent, 2020: 33 Prozent) und steht im Kontrast zu dem Ergebnis, dass sich insgesamt immer mehr Menschen gut informiert fühlen.
Dazu sagt Prof. Dr. Mike Schäfer, Mitglied im Wissenschaftsbarometer-Programmbeirat und Professor an der Universität Zürich: „Dieser Trend zeigt das öffentliche Bedürfnis nach Wissenschaftskommunikation. Auch wenn sich ein beträchtlicher Teil der Bürgerinnen und Bürger gut über Wissenschaft informiert fühlt, sehen viele Befragte die Forschenden weiterhin in der Pflicht: Sie wollen, dass Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in die Gesellschaft stärker hinein kommunizieren. Während der Coronapandemie waren mehr Menschen zufrieden mit dieser Kommunikation. Nun bewegt sich die Zahl der Bürgerinnen und Bürger, die mehr Engagement der Wissenschaft erwarten, wieder auf dem Niveau von vor der Pandemie.“
79 Prozent mit hoher Bildung und 31 Prozent mit niedriger Bildung vertrauen in Forschung
In den Ergebnissen zeigen sich bei den Fragen nach Informiertheit und Vertrauen deutliche Unterschiede zwischen Menschen verschiedener Bildungsgruppen: Die Hälfte der Befragten mit hoher formaler Bildung (Hochschulreife) gibt an, dass sie sich eher gut oder sehr gut über Wissenschaft und Forschung auf dem Laufenden fühlt. Bei den Befragten mit mittlerem Schulabschluss oder niedriger formaler Bildung (Volks- oder Hauptschule) sind es jeweils 35 Prozent. Ähnliches gilt für das Vertrauen: 79 Prozent der Befragten mit hoher Bildung geben an, eher oder voll und ganz in Wissenschaft und Forschung zu vertrauen (2022: 76 Prozent). Unter den Menschen mit mittlerer und niedriger Bildung ist das Vertrauen mit 52 Prozent (2022: 68 Prozent) beziehungsweise 31 Prozent (2022: 44 Prozent) deutlich geringer und gesunken.
Repräsentative Bevölkerungsumfrage
Das Wissenschaftsbarometer ist eine bevölkerungsrepräsentative Meinungsumfrage. Es betrachtet seit 2014 die Einstellungen der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland gegenüber Wissenschaft und Forschung. Die Ergebnisse des Wissenschaftsbarometers 2023 basieren auf 1.037 Telefoninterviews (Verhältnis Festnetz/Mobilfunk 80:20), die am 22. und 24. August 2023 im Rahmen einer Mehrthemenumfrage von Kantar – im Auftrag von Wissenschaft im Dialog – geführt wurden. Als Grundgesamtheit diente die deutschsprachige Wohnbevölkerung in Privathaushalten ab 14 Jahren. Das Wissenschaftsbarometer 2023 ist ein Projekt von Wissenschaft im Dialog. Förderer und Unterstützer sind die Carl-Zeiss-Stiftung und die Fraunhofer-Gesellschaft.
Wissenschaft im Dialog