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Neues KI-Modell hilft dabei, Antibiotikaresistenzen zuverlässiger zu erkennen

Bakterienkultur mit Antibiotika
Treffen Antibiotikaplättchen auf eine Bakterienkultur, entstehen Hemmzonen, in denen das Bakterienwachstum unterdrückt wird. Anhand ihrer Durchmesser berechnet das KI-Modell, ob das Bakterium voraussichtlich resistent gegen ein Reserveantibiotikum ist. Copyright: Universität Oldenburg / Axel Hamprecht

Ein KI-Modell, das zuverlässiger als andere Methoden antibiotikaresistente Bakterien identifizieren kann, weil es deutlich weniger falsch-positive Ergebnisse produziert, wurde jetzt von einem Forschungsteam entwickelt. Das vermeidet überflüssige Anschlussuntersuchungen, die zeit- und kostenintensiv sind. 

Zuverlässiger als bisher Bakterien identifizieren, die gegen Reserveantibiotika resistent sind – das kann das neue KI-Modell „CarbaDetector“. Entwickelt haben es Forschende der Universitätsmedizin Oldenburg unter der Leitung von Prof. Dr. Axel Hamprecht, Direktor des Universitätsinstituts für Medizinische Mikrobiologie und Virologie am Klinikum Oldenburg. Anders als bei Testverfahren, die gegenwärtig in Laboren zum Einsatz kommen, liefert die neue Anwendung deutlich seltener falsch-positive Treffer. Wie die Forschenden zeigten, übertrifft die KI anerkannte Screeningalgorithmen. Darüber berichtet das Team jetzt in der renommierten Fachzeitschrift „nature communications“.

„Gängige Screeningmethoden verursachen häufig falsch-positive Ergebnisse, die zu weiteren Untersuchungen führen, die Zeit und Geld kosten, obwohl sie eigentlich überflüssig sind“, erklärt Dr. Linea Katharina Muhsal, die Erstautorin der Studie.

Konkret geht es bei der KI aus Oldenburg darum, Bakterien zuverlässig zu erkennen, die sogenannte Carbapenemasen produzieren. Diese Enzyme zerstören Carbapenem-Reserveantibiotika, also solche Antibiotika, mit denen Ärztinnen und Ärzte nur in Ausnahmefällen behandeln. Sie kommen nur dann zum Einsatz, wenn Bakterien Resistenzen gegen reguläre Antibiotika entwickelt haben. Der zurückhaltende Umgang mit diesen Wirkstoffen soll weitere Resistenzen vermeiden. Die sogenannten Carbapenemase-produzierenden Enterobacterales (CPE), die der „CarbaDetector“ enttarnen kann, können verschiedene Krankheiten wie Harnwegsinfektionen, Sepsis oder Lungenentzündungen auslösen. Weil sie häufig nicht nur gegen viele reguläre Antibiotika, sondern auch gegen Reserveantibiotika resistent sind, ist ihre Bekämpfung schwierig. Von gut einer halben Millionen Menschen, die nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation jährlich infolge von Antibiotikaresistenzen sterben, leiden gut 30.000 Personen an Krankheiten, die von CPE verursacht wurden.

„CarbaDetector“ analysiert – ähnlich wie andere Screeningmethoden –, wie die untersuchte Probe im Labor auf verschiedene Antibiotika reagiert. Entscheidend ist dabei der Durchmesser der Kreise, die entstehen, wenn Labormitarbeitende runde Plättchen mit Antibiotika auf die Bakterienkultur geben. Die sogenannten Hemmzonen entstehen, weil das jeweilige Antibiotikum das Wachstum der Bakterien in diesem Bereich unterdrückt. Verschiedene Gremien, darunter das Europäische Komitee für die Prüfung der Antibiotikaempfindlichkeit (EUCAST), haben Algorithmen entwickelt, mit denen sich anhand dieser Durchmesser errechnen lässt, ob es sich bei dem getesteten Bakterium um ein CPE handelt. Mit diesen Berechnungen werden positive Proben fast immer erkannt – sie klassifizieren allerdings häufig negative Proben fälschlicherweise als positiv.

Um die Funktionalität ihres KI-Modells zu testen, haben die Forschenden um Muhsal und Hamprecht dessen Ergebnisse mit zwei anerkannten Algorithmen verglichen, die aktuell in der Praxis bei Resistenzbestimmungen zum Einsatz kommen. Sie analysierten zwei Datensätze mit insgesamt 800 Bakterienstämmen mit ihrer KI, dem EUCAST-Algorithmus und einem ebenfalls anerkannten Algorithmus der Französischen Gesellschaft für Mikrobiologie. 

Das Ergebnis: Positive Proben erkannte die KI in etwa genauso gut wie die anerkannten Algorithmen. Dabei produzierte sie aber deutlich weniger falsch-positive Ergebnisse. Nur in rund 13 Prozent der Fälle markierte sie eine negative Probe fälschlicherweise als positiv. Die etablierten Algorithmen verursachten – je nach Datensatz und Algorithmus – zwischen 27,8 und 61 Prozent falsch-positive Ergebnisse.

„CarbaDetector“ ist in Deutschland ausschließlich für den Einsatz im Rahmen der Forschung zugelassen. „Wir wollen das Modell noch weiterentwickeln und weiterhin kostenlos zur Verfügung stellen, sodass es von Laboren mit weniger Ressourcen in anderen Ländern genutzt werden kann“, so Hamprecht. Interessierte finden die Anwendung unter https://uol.de/carba-detector.

Universität Oldenburg


Originalpublikation:

Linea Katharina Muhsal et al.: „CarbaDetector: a machine learning model for detecting carbapenemase-producing Enterobacterales from disk diffusion tests”, nature communications, 14. November 2025, DOI: https://doi.org/10.1038/s41467-025-66183-z

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