Makrophagen (griechisch für „große Fresser“) tragen ihren Namen nicht zufällig: Eindringende Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren werden von ihnen erkannt, verschlungen und in ihre biochemischen Bausteine zerlegt. Außerdem senden sie biochemische Signale, um weitere Immunzellen zu rekrutieren, lösen Entzündungen aus und präsentieren Bruchstücke verdauter Krankheitserreger auf ihrer Oberfläche, damit das adaptive Immunsystem eine langfristige Immunität entwickeln kann.
Wenn Makrophagen einem Krankheitserreger begegnen, stehen sie unter enormem Druck: Reagieren sie zu spät oder nicht entschieden genug, kann eine Infektion tödlich verlaufen. Eine überschießende Immunreaktion ist jedoch ebenso schädlich für den Körper. Innerhalb kürzester Zeit muss also eine passgenaue Immunantwort gestartet werden: Biochemische Signal-Kaskaden werden angestoßen, Tausende Gene aktiviert und ein Arsenal an Substanzen produziert – jeweils abgestimmt auf den spezifischen Erreger.
Regulationsnetzwerk entschlüsselt
Um zu verstehen, wie Makrophagen diese Vielzahl an Aufgaben koordinieren, setzten das Team um Christoph Bock (CeMM Principal Investigator und Professor an der MedUni Wien) und Matthias Farlik (Principal Investigator an der MedUni Wien) Makrophagen von Mäusen unterschiedlichen Immunreizen aus, die bakterielle oder virale Infektionen nachahmen. Sie verfolgten die zellulären Veränderungen, indem sie alle paar Stunden die Genaktivität und die Zugänglichkeit der DNA erfassten – und so einen molekularen Zeitplan fanden, nach dem sich die regulatorischen Programme entfalten.
Anschließend identifizierte das Team regulatorische Proteine, die diese Programme steuern: Mithilfe der „Genschere“ CRISPR schalteten sie Hunderte von Genen aus und analysierten die Auswirkungen jeder dieser sogenannten „Knockouts“ auf einzelne Zellen, indem sie deren aktive Gene bestimmten. Diese innovative Methode enthüllte ein Netzwerk aus mehreren Dutzend Regulatoren, die gemeinsam eine jeweils passende Immunantwort auslösen. Zu diesen Regulatoren zählen bekannte Signalwege wie JAK-STAT, aber auch RNA-Splicing-Proteine und Chromatin-Regulatoren, deren Rolle in der Immunregulation bislang wenig verstanden ist.
„Es ist beeindruckend, wie viel Komplexität in diesem uralten Teil unseres Immunsystems steckt, den wir mit Schwämmen, Quallen und Korallen teilen“, sagt Studienleiter Christoph Bock. „Dank der Fortschritte in der CRISPR- Technologie konnten wir die zugrunde liegenden regulatorischen Programme jetzt systematisch untersuchen.“
CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
Originalpublikation:
Traxler, Peter et al.: Integrated time-series analysis and high-content CRISPR screening delineate the dynamics of macrophage immune regulation, Cell Systems, 2025, DOI: 10.1016/j.cels.2025.101346