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Symbiotische Bakterien in Getreidekäfern bilden röhrenförmige Netzwerke zum Überleben

Getreidekäfer, weltweit bedeutende Schädlinge an Nutzpflanzen, beherbergen symbiotische Bakterien in ihren Zellen – eine Beziehung, die für das Überleben und den Erfolg der Schädlinge entscheidend ist. Ein Forschungsteam hat entdeckt, dass diese Bakterien komplexe, vernetzte Membranstrukturen bilden – eine bisher unbekannte architektonische Besonderheit. Diese komplizierten Membrannetzwerke vergrößern die Oberfläche erheblich, verbessern den Nährstoffaustausch mit dem Wirtsinsekt und ermöglichen es den Bakterien, effizient essenziellen Zucker zu gewinnen, eine wichtige Ressource sowohl für den Symbionten als auch für den Schädling.

Dieses Transmissionselektronenmikroskop-Bild zeigt die intrazellulären, symbiotischen Bakterien des Reiskäfers (Sitophilus oryzae).

Dieses Transmissionselektronenmikroskop-Bild zeigt die intrazellulären, symbiotischen Bakterien des Reiskäfers (Sitophilus oryzae). Die Bakterien bilden ein dreidimensionales Netzwerk aus röhrenförmigen Strukturen, die als „Tubenets“ bezeichnet werden. Diese erhöhen den Nährstoffaustausch zwischen Wirt und Bakterien und ermöglichen einen effizienten Transfer von Zucker aus der Nahrung des Wirts zu den symbiotischen Bakterien. Die Bakterien und ihre Tubenets im Zytoplasma der Wirtszelle sind violett gefärbt. © INRAE – Séverine Balmand, Laboratoire BF2i

Intrazelluläre symbiotische Bakterien als Nährstofflieferanten für Getreideschädlinge

Sitophilus-Rüsselkäfer sind Schädlinge, die Getreidekulturen wie Weizen, Reis und Mais auf Feldern und in Silos befallen. Die Rüsselkäfer beherbergen symbiotische Bakterien, die als Sodalis pierantonius bekannt sind und in großer Zahl in spezialisierten Insektenzellen leben. Diese versorgen die Rüsselkäfer mit essentiellen Nährstoffen, die in Getreide nicht vorkommen. Diese Beziehung ist für beide Seiten vorteilhaft: Die Bakterien nutzen den bei der Verdauung entstehenden Zucker und versorgen das Insekt im Gegenzug mit essenziellen Nährstoffen wie Vitaminen und bestimmten Aminosäuren.

Obwohl die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Bedeutung dieses Austauschs erkannten, blieb der Prozess selbst unbekannt. Um diese Wechselwirkungen zu untersuchen, setzte das Forschungsteam auf Elektronenmikroskopie und eine Probenvorbereitungsmethode, die Membranen effektiver konserviert. Mithilfe dieser Methode konnten die Wissenschaftler einzigartige röhrenförmige Muster beobachten, die komplexe Membranstrukturen bilden, welche von den Bakterien aufgebaut werden. Um die Architektur und Zusammensetzung dieser Strukturen zu untersuchen, entwickelten die Wissenschaftler Beobachtungs- und Analysemethoden, für die sie 3D-Mikroskopie und den Teilchenbeschleuniger SOLEIL Synchrotron verwendeten.

Tubenets – echte Austauschnetzwerke, die von den Bakterien aufgebaut werden

Die Analyse ergab, dass diese Strukturen ein komplexes Netzwerk aus Röhren mit einem Durchmesser von 0,02 Mikrometern (µm) und einer Länge von mehreren Mikrometern im engeren Maßstab bilden. Sie verbinden die Bakterien durch zahlreiche Verbindungen miteinander. Ähnlich wie Mikrovilli, die fingerförmigen Zellfortsätze im menschlichen Darm, die Oberfläche für die Aufnahme von Nährstoffen während der Verdauung vergrößern, vergrößern diese röhrenförmigen Strukturen die Oberfläche der Bakterien für den Austausch von Nährstoffen mit den Wirtszellen. Dadurch können die Bakterien Zucker besser aufnehmen. Im Gegenzug produzieren die Bakterien wichtige Nährstoffe für die Zelle. Das Forschungsteam nannte diese Strukturen „Tubenets“, eine Kombination aus den Wörtern „Tube“ (Röhre) und „Network“ (Netzwerk), um ihre Form widerzuspiegeln.

Obwohl Forscherinnen und Forscher Strukturen kennen, die die Oberfläche für die Nährstoffaufnahme in vielzelligen Organismen wie dem Darm oder den Wurzeln von Pflanzen vergrößern, wurde eine solche Struktur erstmals in Bakterien identifiziert. Ähnliche Strukturen könnten auch in anderen Bakterienarten existieren und diesen eine effizientere Nährstoffaufnahme ermöglichen.

Die Ergebnisse eröffnen neue Perspektiven für das Verständnis der intrazellulären Symbiose und könnten zu innovativen, nachhaltigen Strategien zur Unterbrechung der Wechselwirkungen zwischen Schädlingen und Mikroben führen.

Max-Planck-Institut für chemische Ökologie


Originalpublikation:

Balmand, S. etal.: Bacterial tubular networks channel carbohydrates in insect endosymbiosis, Cell 188, 1–11 (2025), DOI: 10.1016/j.cell.2025.10.001 

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