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„Warme Eiszeit“ veränderte Klimazyklen

Klima
Langfristige Zunahme der mediterranen Wälder und Niederschläge sowie des ostasiatischen Sommermonsuns in Verbindung mit der Zunahme und Nordwärts-Wanderung der atlantischen Feuchtigkeitsquelle. André Bahr

Eine „warme Eiszeit“ hat vor rund 700.000 Jahren die Klimazyklen auf der Erde nachhaltig verändert. In diesem Zeitraum einer außergewöhnlich warmen und feuchten Periode kam es zugleich zu einer starken Vergrößerung der polaren Gletscher. Diesen zunächst paradox erscheinenden Zusammenhang identifizierte ein europäisches Forschungsteam unter Beteiligung von Geowissenschaftlern der Universität Heidelberg mithilfe neu gewonnener geologischer Daten in Kombination mit Computersimulationen. Nach Angaben der Wissenschaftler war diese tiefgreifende Veränderung im Erdklima verantwortlich für den Wandel der Klimazyklen und stellt damit einen entscheidenden Schritt in der jüngeren Klimaentwicklung unseres Planeten dar.

Erdgeschichtliche Eiszeiten – Glaziale genannt – sind durch die Entwicklung großer Eisschilde auf der Nordhalbkugel gekennzeichnet. In den vergangenen 700.000 Jahren wechselten sich dabei Phasen ausgeprägter Eis- und Warmzeiten in einem Rhythmus von rund 100.000 Jahren ab. In der Zeit davor wurde das Klima der Erde dagegen von 40.000-jährigen Zyklen mit kürzeren und schwächeren Eiszeiten bestimmt. Der Wechsel der Klimazyklen vollzog sich in einer „Mittelpleistozäner Übergang“ genannten Periode, die vor etwa 1,2 Millionen Jahren einsetzte und vor etwa 670.000 Jahren endete. „Die Mechanismen, die für diese entscheidende Veränderung der globalen Klimarhythmik verantwortlich sind, bleiben weitgehend unbekannt. Sie lassen sich nicht zurückführen auf Veränderungen der Erdbahngeometrie, die für das Erdklima maßgeblich sind“, betont Privatdozent Dr. André Bahr, Wissenschaftler am Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg. „Eine entscheidende Rolle spielte aber die nun identifizierte ,warme Eiszeit‘, die die Anhäufung von großen Mengen an Kontinentaleis verursacht hat.“

Für ihre Untersuchungen nutzten die Forscherinnen und Forscher neue klimatische Aufzeichnungen aus einem vor Portugal gewonnenen Bohrkern sowie Lößaufzeichnungen des chinesischen Plateaus. Diese Daten wurden für Computersimulationen herangezogen. Sie zeigen für den Zeitraum der vergangenen 800.000 bis 670.000 Jahre einen langfristigen Trend zu wärmeren und feuchteren Bedingungen in beiden subtropischen Regionen. Zugleich waren während dieser letzten Eiszeit in der Periode des „Mittelpleistozänen Übergangs“ die Temperaturen der Meeresoberflächen im Nordatlantik und im tropischen Nordpazifik höher als im vorangegangenen Interglazial, der Phase zwischen zwei Eiszeiten. Dies führte zu einer höheren Feuchtigkeitsproduktion und vermehrten Niederschlägen in Südwesteuropa, der Ausbreitung mediterraner Wälder sowie einem verstärkten Sommermonsun im ostasiatischen Raum. Die Feuchtigkeit gelangte zudem in die Polargebiete, wo sie die Eisschilde im nördlichen Eurasien wachsen ließ. „Sie hatten länger Bestand und läuteten die bis ins späte Pleistozän anhaltende Phase ausdauernder und weitreichender eiszeitlicher Vergletscherungen ein. Die Vergrößerung der kontinentalen Gletscher war dabei eine Voraussetzung, um den Übergang von den 40.000-jährigen Zyklen zu den 100.000-jährigen Zyklen, die wir heute erleben, auszulösen. Dies stellte einen entscheidenden Schritt in der jüngeren Klimaentwicklung der Erde dar“, so André Bahr.

Universität Heidelberg


Originalpublikation:

Sánchez Goñi, M.F., Extier, T., Polanco-Martínez, J.M. et al. Moist and warm conditions in Eurasia during the last glacial of the Middle Pleistocene Transition. Nat Commun14, 2700 (2023). doi.org/10.1038/s41467-023-38337-4