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Immunsystem hält Pilz auf Schleimhaut in Schach

Der Hefepilz Candida albicans besiedelt die Schleimhäute und ist meist harmlos. Doch unter bestimmten Bedingungen kann er gefährliche Infektionen auslösen. Ein Forschungsteam der Universität Zürich hat nun herausgefunden, wie das Immunsystem die Verwandlung von einem harmlosen Besiedler zu einem Krankheitserreger verhindert. Dies geschieht unter anderem durch den Entzug von Zink.

Durch die Bildung von langen fadenähnlichen Zellen, den Hyphen, bricht der Hefepilz Candida albicans (blau) aus menschlichen Immunzellen (rot) aus.

Durch die Bildung von langen fadenähnlichen Zellen, den Hyphen, bricht der Hefepilz Candida albicans (blau) aus menschlichen Immunzellen (rot) aus. Der Teil der Hyphe, der die Immunzellen bereits verlassen hat, ist gelb eingefärbt. (Bild: Erik Böhm, Leibniz-HKI)

Das Mikrobiom besteht nicht nur aus Bakterien, sondern auch aus Pilzen. Die meisten von ihnen fördern die Gesundheit von Mensch und Tier. Einige Pilze haben jedoch auch das Potenzial zum Krankheitserreger. So kann beispielsweise der Hefepilz Candida albicans unkontrolliert auf der Mundschleimhaut wachsen und Soor auslösen.
In schweren Fällen kann dieser Pilz durch Ausbildung von fadenförmigen Hyphen auch in den Blutkreislauf gelangen und systemische Infektionen verursachen. Diese wiederum sind für jährlich über eine Million Todesfälle verantwortlich. Das passiert vor allem bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem auf der Intensivstation − beispielsweise, wenn sie aufgrund einer Transplantation oder Krebserkrankung immunsupprimiert sind.

Balance zwischen Freund und Feind 
«Die Mechanismen, welche den Pilz auf unserer Schleimhaut unter Kontrolle halten und eine Infektion verhindern, sind nach wie vor kaum verstanden», sagt Salomé LeibundGut-Landmann, Professorin für Immunologie an der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich. Ihr Team hat nun zwei wichtige Entdeckungen gemacht: Sie zeigen auf, wie das Gleichgewicht durch ein feines Zusammenspiel zwischen Candida albicans und dem Epithel einerseits sowie dem Immunsystem andererseits aufrechterhalten wird. Für die Studien verwendeten die Forschenden verschiedene Stämme von Candida albicans und von Mäusen.

Toxin kann auch nützlich sein
Zunächst untersuchte das Team die Funktion von Candidalysin, einem Pilz-Toxin, das Wirtszellen direkt angreift und die schützende Körperoberfläche beschädigt. Die Forschenden fanden heraus, dass dieser Faktor – in kleinen Mengen − für das Überleben des Pilzes im Mund notwendig ist. Der Pilz nutzt das Toxin wie einen Türöffner, um sich in der Schleimhaut zu verankern, ohne diese zu schädigen. 
«Die Feinregulierung von Candidalysin entscheidet darüber, ob Candida albicans ein harmloser Besiedler oder ein Krankheitserreger», so LeibundGut-Landmann. Als Krankheitserreger produziert der Pilz grosse Mengen an Candidalysin. Daraufhin reagiert das Immunsystem sofort mit einer starken Entzündung. Im gutartigen Stadium hingegen produziert Candida albicans nur geringe Mengen des Toxins und kann so unbemerkt in der Schleimhaut verbleiben. «Der Pilz fährt sozusagen mit angezogener Handbremse. Er braucht ein wenig Toxin, aber zu viel davon wird sofort bestraft.» 

Interleukin übernimmt Verteidigung
In ihrer zweiten Studie untersuchten die Forschenden, wie Candida albicans in einem geschwächten Immunsystem von einem harmlosen Pilz zu einem Krankheiterreger wird. Sie gingen davon aus, dass der Immunfaktor Interleukin-17 dabei eine wichtige Rolle spielt − denn Menschen mit einem Defekt im Gen für Interleukin-17 leiden unter Soor in der Mundschleimhaut.
Die Ergebnisse zeigen, dass die durch Interleukin-17 vermittelte Immunität dafür sorgt, dass sich der Pilz nicht zu stark vermehren kann. Er verhindert zudem, dass er zu grosse Mengen an Candidalysin produziert und dadurch zum Krankheitserreger wird.

Ein Pilz auf Entzug
Dies geschieht unter anderem durch einen wenig bekannten Mechanismus namens «Nutritional Immunity»: Interleukin-17 entzieht dem Pilz indirekt Zink − einen wichtigen Faktor, den er für die Produktion der fadenartigen Hyphen und Candidalysin benötigt. «Interleukin-17 ist wie ein Torwächter, der dafür sorgt, dass Candida albicans harmlos bleibt», so LeibundGut-Landmann. Der Verlust dieses Tors löse eine Kaskade aus, die zu einer Veränderung des Pilzes, Gewebeschäden und chronischen Erkrankungen führt.

Preiswürdige Erkenntnisse
Die Resultate sind wichtig angesichts der zunehmenden Verwendung von Immuntherapien, die den Interleukin-17-Immunweg blockieren. Solche Therapien werden für die Behandlung von Schuppenflechte und anderen entzündlichen Erkrankungen eingesetzt. Wenig überraschend entwickelt ein Teil der Patienten, die Antikörper gegen Interleukin-17 oder dessen Rezeptor erhalten, als Nebenwirkung eine mukokutane Candidose einschliesslich Soor.

Universität Zürich


Originalpublikationen:

Fróis-Martins, R., Lagler, J., Schille, T.B. et al. Dynamic expression of candidalysin facilitates oral colonization of Candida albicans in mice. Nat Microbiol10, 2472–2485 (2025). https://doi.org/10.1038/s41564-025-02122-4

Fróis-Martins, R., Martinez de San Vicente, K., Maufrais, C. et al. IL-17-mediated antifungal immunity restricts Candida albicans pathogenicity in the oral cavity. Nat Microbiol (2025). doi.org/10.1038/s41564-025-02198-y

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