Die Coronavirus-Pandemie hat die für die Forschung defizitäre Situation gesundheitsbezogener Daten in Deutschland sichtbar gemacht. Während in anderen europäischen Ländern drängende aktuelle Fragen zu Übertragungsdynamiken des Virus, zur Wechselwirkung mit anderen Erkrankungen oder zur Erfassung und Bewertung von Impfreaktionen bereits intensiv untersucht und beantwortet werden können, gelingt dies in Deutschland nur verzögert, mit großem Aufwand oder ist generell nicht möglich.
Vor diesem Hintergrund fordert die interdisziplinäre Kommission für Pandemieforschung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in einer nun veröffentlichten Stellungnahme, dass Daten für die gesundheitsbezogene Forschung besser zugänglich gemacht und leichter verknüpfbar sein müssen. Die Wissenschaft in Deutschland, so die Kommission, leide nicht unter einem Mangel an Daten oder fehlenden methodischen Voraussetzungen – die dringend notwendigen Fortschritte in der gesundheitsbezogenen Forschung würden vielmehr verhindert, weil ein häufig unzureichender Zugang zu vorhandenen Daten sowie erhebliche organisatorische und rechtliche Hürden bei ihrer Verknüpfung bestehen.
Die Stellungnahme der Kommission zeigt daher fünf Handlungsfelder auf, die in sachlicher und zeitlicher Wechselwirkung miteinander stehen und gemeinsam bearbeitet werden sollten.
Zunächst bedarf es der Weiterentwicklung eines systematischen Einwilligungskonzepts für eine rechtlich konforme und auf Vertrauen basierende Nutzung von Daten. Dazu sollte die elektronische Patientenakte weiterentwickelt und um einen Opt-out-Ansatz für die Einwilligung in die Datenerhebung versehen werden (Handlungsfeld 1). Um unvollständige Datenauswertungen oder Dopplungen zu vermeiden, Lücken zu erkennen und Verknüpfungspotenziale zu nutzen, sollten nationale Krankheitsregister oder epidemiologische Register auf- und ausgebaut werden; auch die Durchsuchbarkeit und Verknüpfbarkeit der Register mit anderen Datenquellen muss dabei sichergestellt werden (Handlungsfeld 2).
Die Kommission regt zudem die Zusammenführung und Etablierung einer nachhaltig finanzierten zentralen Datenintegrationsstelle an. Sie muss rechtlich und organisatorisch in der Lage sein, Datenzugänge zu ermöglichen und verschiedene Datensätze in der Funktion einer Treuhandstelle zu verknüpfen (Handlungsfeld 3). Darüber hinaus sollte dringend Rechtssicherheit für die Forschung hergestellt werden, indem die Auslegung des geltenden Datenschutzrechts länderübergreifend vereinheitlicht wird. Ein Forschungsdatengesetz für Deutschland würde nach Meinung der Kommission für Pandemieforschung an dieser Stelle für umfassende Rechtssicherheit sorgen (Handlungsfeld 4).
Schließlich setzen sich die Expertinnen und Experten auch für die Nutzung einer durchgehenden und einheitlichen Bezugsgröße bei der Verknüpfung unterschiedlicher individueller personenbezogener Daten ein. Dies könnte etwa ein DSGVO-konformer „unique identifier“ sein, der eine Interoperabilität von unterschiedlichen personenbezogenen Datensätzen ermöglicht und ein Schlüsselelement für die Harmonisierung und das Zusammenführen von Datensätzen darstellt (Handlungsfeld 5).
Die Stellungnahme erläutert diese fünf Handlungsfelder und fordert deren rasche Umsetzung. Nur durch ein abgestimmtes und integrierendes Fortschreiten in allen Handlungsfeldern ist nach Einschätzung der Kommission für Pandemieforschung eine wesentliche Verbesserung der Situation möglich.
(Deutsche Forschungsgemeinschaft - DFG)
Weiterführende Informationen
Zur Stellungnahme „Daten für die gesundheitsbezogene Forschung müssen besser zugänglich und leichter verknüpfbar sein“:
www.dfg.de/download/pdf/foerderung/corona_infos/stellungnahme_daten_gesundheitsforschung.pdf