„Lichtverschmutzung leistet vermutlich einen signifikanten Beitrag zum Insektensterben“, sagt Dr. Gunnar Brehm von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Biologe und sein Team haben gerade in der Fachzeitschrift „Insect Conservation and Diversity“ eine neue Studie darüber veröffentlicht, in welch hohem Maße die Insekten durch Licht angelockt werden.
Die kürzeste Wellenlänge lockt die Insekten am meisten an
Im alten Hörsaal der Jenaer Kinderklinik hatten die Wissenschaftler einen umfangreichen Versuchsaufbau installiert. Dabei wurden 6.116 Faltern aus 95 Arten unterschiedliche Lichtquellen angeboten. Die meisten der Arten waren einheimische, ergänzt durch einige Arten aus anderen Gebieten. Akribisch wurde dann protokolliert, welches Tier welche Lampe anflog. Fast alle Arten seien zu den Lichtquellen unterwegs gewesen, so ein Ergebnis. Die Männchen waren dabei etwas aktiver.
„Unsere Studie zeigt klar, dass die jeweils kürzeste Wellenlänge viel stärker angeflogen wird als etwa grünes oder rotes Licht“, sagt Gunnar Brehm. Problematisch ist die Auswirkung auf Schmetterlinge, weil gut 90 Prozent der Arten nachtaktiv sind. Sie fallen bei starker Lichtverschmutzung als Bestäuber aus, was große ökologische und vermutlich auch wirtschaftliche Schäden verursacht. Weniger Insekten bedeuten zudem weniger Vögel und Fledermäuse. Das Artensterben schreitet voran.
Nicht nur die Lichtverschmutzung nimmt weltweit um jährlich zwei Prozent zu. Hinzu kommt, dass sich die Eigenschaften des Lichts oft drastisch geändert haben. Viele Kommunen haben ihre Straßenbeleuchtung auf LEDs umgestellt und das neue Licht hat einen viel höheren Anteil an kurzwelliger blauer Strahlung. Besonders problematisch seien zudem alte Leuchtstoff-Lampen, die Anteile von UV-Strahlung enthalten können, sagt Dr. Brehm.
Die Ergebnisse zeigten auch, dass blaues Licht Insekten stark anlockt. In dieser Hinsicht waren die früher verwendeten orangefarbenen Natriumdampflampen weitaus insektenfreundlicher als moderne LED-Lampen. Warmweiße LEDs mit Farbtemperaturen unter 3000 K seien daher zur Zeit vermutlich die sinnvollste Alternative, so Brehm. „Ideal wäre eigentlich orangefarbenes oder rotes Licht“. Licht sollte wo immer möglich, gezielt, sparsam, langwellig und zeitlich begrenzt eingesetzt werden – dann wäre es auch wieder möglich, in Siedlungsgebieten die Milchstraße zu sehen.
Universität Jena
Originalpublikation:
Brehm et al: Moths are strongly attracted to ultraviolet and blue radiation DOI: 10.1111/icad.12476