VBIO

Plädoyer für biologische Fakten und die Wissenschaftsfreiheit

Der VBIO zur aktuellen Debatte um biologisches und psychosoziales Geschlecht

Seit längerem wird in verschiedenen Medien hitzig und teils unsachlich über Fragen des biologischen bzw. psychosozialen Geschlechtes diskutiert. Große Aufmerksamkeit hat Anfang Juli die Absage eines Vortrages bei der Langen Nacht der Wissenschaften Berlin durch die Humboldt Universität ausgelöst. Eine Biologin wollte hier erläutern, „warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt“.

Aus Sicht des VBIO unterhöhlt die Absage des Vortrages die Wissenschaftsfreiheit und ist völlig inakzeptabel.

In Hinblick auf den inhaltlichen Kern der Auseinandersetzung unterstreicht der VBIO die Notwendigkeit einer klaren Unterscheidung zwischen biologischer und psychosozialer Definition von Geschlecht und fordert einen respektvollen Umgang gerade auch über disziplinäre Grenzen hinweg an.

Der Biologenverband weist darauf hin, dass der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn von wettstreitenden Hypothesen und deren Weiterentwicklung auf der Basis experimenteller Ergebnisse und aussagekräftiger Studien lebt. Der wissenschaftliche Diskurs ist kontrovers und oft auch konfliktiv – immer aber wissensbasiert.

Starke und offene Gesellschaften geben diesem Diskurs den notwendigen Raum, insbesondere in den Medien und an den Universitäten. Deshalb ist es befremdlich, wenn dem Diskurs durch die Absage von Veranstaltungen der Boden entzogen wird.

Der VBIO fordert nachdrücklich, dass alle Hochschulen die Freiheit der Wissenschaft schützen und dem faktenbasierten Dialog in Freiheit und Verantwortung auch zukünftig Raum geben.

Im konkreten Fall ging es um den Vortrag einer Biologin, der - so sagt der Titel - sich mit dem biologischen Geschlecht des Menschen auseinandersetzen und begründen wollte, warum es zwei biologische Geschlechter gibt. Neben den eindeutig weiblichen bzw. männlichen Merkmalen liegen bei einer sehr geringen Zahl an Individuen intermediäre Merkmale bei ein und demselben Individuum vor, man spricht von Intersexualität.

Die Differenzierung zwischen weiblich und männlich wird nach verschiedenen biologischen Merkmalen vorgenommen. Die Bildung von Ei- bzw. Samenzellen erfolgt in den Eierstöcken bzw. Hoden und wird durch Hormone gesteuert, die bei den Geschlechtern in sehr unterschiedlichen Konzentrationen vorliegen. Wichtige Grundlage bildet die genetische Ausstattung durch die Geschlechtschromosomen XX (weiblich) und XY (männlich).

Wie die genetische Grundausstattung und physiologische Regulationsmechanismen das biologische Geschlecht bedingen und welche weiteren Einflussfaktoren eine Rolle spielen, ist ein wichtiger Gegenstand intensiver biowissenschaftlicher Forschung.

Völlig unabhängig vom biologischen Geschlecht wird der Begriff des psychosozialen Geschlechtes genutzt, der mit den Methoden der Psychologie und Sozialwissenschaften untersucht wird. Im Gegensatz zur englischen Sprache gibt es im Deutschen kein spezifisches Vokabular für das biologische („Sex“) und das psychosoziale („Gender“) Geschlecht, was einer der Gründe für Ungenauigkeiten, synonyme Nutzung der Begriffe und damit für eine Sprachverwirrung ist.

Der VBIO nimmt keine Stellung zu Fragen des sozialpsychologischen Geschlechtes. Aussagen zu den Mechanismen, zur Funktion biologischer Geschlechter und zur Ausprägung von Zwischenformen fallen aber gleichwohl in das primäre Zuständigkeitsgebiet des Biologenverbandes VBIO.

Der VBIO setzt sich für eine klare Differenzierung in allen Diskussionen und für eine konstruktive Debattenkultur ein.

 

Zum Hintergrund:

Im Rahmen der „Langen Nacht der Wissenschaften‘ am 2. Juli war ein Vortrag einer Biologin angekündigt mit dem Titel „Geschlecht ist nicht (Ge)schlecht, Sex, Gender und warum es in der Biologie zwei Geschlechter gibt“. 
Der Vortrag war von der Universität kurzfristig abgesagt worden, da Aktivisten der Vortragenden Queerfeindlichkeit vorgeworfen und heftigen Widerstand angekündigt hatten. 
Diese Absage hat wiederum zu breiter Kritik geführt. Unter anderen haben sich der Präsident des deutschen Hochschulverbandes und die Bundesministerin für Bildung und Forschung geäußert.

(VBIO)