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Moorpflanzen sind die besten CO2-Speicher

Hochmoor in der Region Archangelsk
Hochmoor in der Region Archangelsk Michael Succow

Feuchtgebiete speichern etwa fünfmal mehr Kohlenstoff pro Quadratmeter als Wälder und 500-mal mehr als Ozeane. In diesen Ökosystemen stimulieren Pflanzenwachstum und Kohlenstoffablagerung im Boden einander gegenseitig. Schutz und Restaurierung solcher Feuchtgebiete können dem Menschen helfen, angesichts der Klimakrise die CO2-Konzentration in der Atmosphäre zu reduzieren.

Das ist eines der Ergebnisse einer Studie, die jetzt (Mai 2022) im internationalen Wissenschaftsjournal Science unter dem Titel Recovering wetland biogeomorphic feedbacks to restore the world’s biotic carbon hotspots (DOI: 10.1126/science.abn1479) veröffentlicht wurden. Das internationale Autor*innen-Team mit Beteiligung des Greifswalder Moorforschers Prof. Dr. Hans Joosten hat auch eine gute Nachricht: wir schaffen es immer besser diese Ökosysteme zu managen und zu restaurieren.

Moore, Salzwiesen, Mangrovenwälder und Seegraswiesen bedecken nur ein Prozent der gesamten Erdoberfläche, enthalten aber 20 Prozent des gesamten Kohlenstoffs, der weltweit in allen Ökosystemen zusammen gebunden ist. Dieser enorme Beitrag ist darauf zurückzuführen, dass in diesen Ökosystemen Pflanzenwachstum und Kohlenstoffablagerung im Boden einander gegenseitig stimulieren. Wissenschaftler*innen des Niederländischen Instituts für Meeresforschung (NIOZ), der Universität Utrecht, der Radboud-Universität Nijmegen, der Universität Groningen und der Universität Greifswald zeigen dies in einer Studie, in der sie ihre eigene Forschungsdaten mit der gesamten neueren wissenschaftlichen Literatur integrieren.

Die Studie zeigt, dass Feuchtgebiete etwa fünfmal mehr Kohlenstoff pro Quadratmeter speichern als Wälder und 500-mal mehr als Ozeane“, sagt Erstautor Ralph Temmink, Forscher an der Universität Utrecht und zuvor in Greifswald. Feuchtgebiete wie Moore, Salzwiesen, Mangrovenwälder und Seegrasfelder sind daher ‚Hotspots‘ für die CO2-Speicherung.“

Diese Landschaften bilden sich mit Hilfe der Pflanzen, die auf ihnen wachsen. Ein Beispiel sind Torfmoose auf Hochmooren. Gemeinsam halten sie enorm viel Regenwasser zurück, was ihr eigenes Wachstum anregt. Unter den lebenden Torfmoosen häufen sich die Reste der abgestorbenen Pflänzchen. Da diese teilweise bis zu zehn Meter dicke Schicht permanent wassergesättigt ist, werden die toten Überreste kaum abgebaut. Der Kohlenstoff bleibt erhalten und wird nicht als Kohlenstoffdioxid in die Atmosphäre freigesetzt.

In Niedermooren und Küstensümpfen halten Pflanzen mit ihrer Wurzelmatte abgestorbene Pflanzenreste fest. Daraus werden Nährstoffe freigesetzt, die wiederum die Pflanzen besser wachsen lassen. Dadurch sammeln sich die kohlenstoffreichen Pflanzenreste im nassen Boden und bilden eine dicke Erdschicht. Auch das vermeidet, wie in Hochmooren, CO2-Emissionen.

Obwohl Feuchtgebiete im Kampf gegen den Klimawandel unerlässlich sind, zerstören menschliche Eingriffe weltweit jährlich ein Prozent dieser Ökosysteme. Entwässerung, Urbarmachung und Umweltverschmutzung stören die landschaftsbildenden Prozesse und verursachen etwa fünf Prozent unserer weltweiten jährlichen CO2-Emissionen.

Mehr als die Hälfte aller Versuche zur Restauration von Feuchtgebieten scheitern daran, dass die landschaftsbildenden Eigenschaften der Pflanzen nicht oder nur unzureichend berücksichtigt werden. „Unsere Studie zeigt, dass Moore mengenmäßig – nach den Ozeanen, aber auf viel geringerer Fläche - die wichtigsten kohlenstoffspeichernden Ökosysteme der Welt sind. Deshalb ist es entscheidend, die noch gut erhaltenen Moore streng zu schützen und die entwässerten, degradierten Moore möglichst schnell wiederzuvernässen und zu restaurieren. Die gute Nachricht ist, dass wir immer besser wissen, wie wir das großflächig machen sollen“, sagt Hans Joosten, Professor für Moorkunde und Paläoökologie an der Universität Greifswald.

Universität Greifswald


Originalpublikation:

Ralph J. M. Temmink et al.:  Recovering wetland biogeomorphic feedbacks to restore the world’s biotic carbon hotspots, Science • 6 May 2022 • Vol 376, Issue 6593 • DOI: 10.1126/science.abn1479