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Zebrafische können ihr Geschlecht ändern: „DNA-Hotspot“ identifiziert

Unter den Knochenfischen gibt es manche Arten, deren Geschlecht nicht festgelegt ist.
Unter den Knochenfischen gibt es manche Arten, deren Geschlecht nicht festgelegt ist. Dr. Shahrbanou Hosseini

Unter den Knochenfischen gibt es viele Arten, deren Geschlecht nicht festgelegt, also plastisch ist. Dieses wird durch Umweltfaktoren, insbesondere die Temperatur, beeinflusst. Dies führt bei einigen Arten zu einem Ungleichgewicht der Geschlechterverhältnisse. Forscherinnen und Forscher unter Leitung der Universität Göttingen konnten nun zeigen, mit welchen Mechanismen die Variationen in der Geschlechtsausprägung und die „sexuelle Plastizität“ gesteuert werden. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Frontiers in Cell and Developmental Biology erschienen.

Beim Zebrafisch schlüpfen die Embryonen mit rudimentären, eierstockähnlichen Keimdrüsen. Höhere Wassertemperaturen führen zu spezifischen chemischen Markierungen an bestimmten Stellen ihrer DNA. Diese Veränderungen können dazu führen, dass die Embryonen ihr Geschlecht wechseln. Die Keimdrüsen werden resorbiert und die Zebrafische entwickeln Hoden.

Die Forscherinnen und Forscher zogen für die Studie 17 Familien mit einer hohen Anzahl von Geschwisterpaaren von Zebrafischen auf. Die Hälfte der Embryonen jeder Familie wurde zeitweise in warmen Wasser gehalten, da die embryonale Phase eine der sensiblen Phasen der Geschlechtsdeterminierung ist. Das Geschlechterverhältnis der erwachsenen Tiere war von Familie zu Familie sehr unterschiedlich, aber in einigen Familien stieg der Anteil der Männchen um 15 bis 20 Prozent an, nachdem sie der höheren Temperatur ausgesetzt waren. Tatsächlich hatte der Einfluss der höheren Temperatur die genetische Veranlagung einiger Individuen „außer Kraft gesetzt“ und sie veranlasst, ihr Geschlecht in ein männliches zu ändern.

„Wir haben in dieser Forschungsarbeit eine Reihe von Genen identifiziert, die bei Tierarten mit sexueller Plastizität das Geschlecht bestimmen“, sagt Prof. Dr. Dr. Bertram Brenig, Direktor des Tierärztlichen Instituts der Universität Göttingen. Die Existenz geschlechtsspezifischer Familien beruht auf epigenetischen Mechanismen, erklärt der Mitautor der Studie, apl. Prof. Dr. Reza Sharifi von der Abteilung Tierzucht und Haustiergenetik. Erstautorin Dr. Shahrbanou Hosseini von der Abteilung Molekularbiologie der Nutztiere und molekulare Diagnostik der Universität Göttingen ergänzt: „dieses Phänomen der sexuellen Plastizität wirkt sich negativ auf die Populationsdynamik aus. Dies kann zu einer ungleichen Verteilung der Geschlechter und bei einem raschen Klimawandel zu einem Verlust der Artenvielfalt führen.“

Georg-August-Universität Göttingen


Originalveröffentlichung:

Hosseini et al. Epigenetic Regulation of Phenotypic Sexual Plasticity Inducing Skewed Sex Ratio in Zebrafish. Frontiers in Cell and Developmental Biology (2022). https://doi.org/10.3389/fcell.2022.880779