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Neuer epigenetischer Schalter entdeckt

5-Formylcytosin aktiviert Gene in der frühen embryonalen Entwicklung
5-Formylcytosin aktiviert Gene in der frühen embryonalen Entwicklung. (Abb./©: IMB)

Eine DNA-Modifikation mit der Bezeichnung 5-Formylcytosin (5fC) fungiert als epigenetischer Schalter, der Gene in der frühen embryonalen Entwicklung aktiviert. Zu diesem Ergebnis kommen Forschungen der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Christof Niehrs am Institut für Molekulare Biologie (IMB) in Mainz. Damit wird zum ersten Mal gezeigt, dass Wirbeltiere mehr als eine Art von epigenetischer DNA-Markierung besitzen. Das Ergebnis wirft außerdem ein neues Licht darauf, wie Gene in den frühesten Stadien der Entwicklung reguliert werden.

Unser Körper besteht aus Billionen von Zellen, die alle zusammenarbeiten, um einen funktionierenden Organismus zu bilden. Aber jeder Mensch entsteht aus nur einer einzigen befruchtete Eizelle, der Zygote. Um ein menschliches Wesen zu werden, musste sich diese Zelle schnell vervielfältigen und alle richtigen Organe an den richtigen Stellen ausbilden. Dieser Entwicklungsprozess hängt von Tausenden von Genen ab, die exakt zur richtigen Zeit und am richtigen Ort aktiviert werden. Die Aktivierung oder Deaktivierung von Genen wird durch sogenannte epigenetische Modifikationen kontrolliert. Dabei handelt es sich um funktionelle Gruppen an der DNA, die Gene an- und ausschalten können wie beispielsweise ein Lichtschalter.

Die Wissenschaft ist während Jahrzehnten davon ausgegangen, dass Wirbeltiere nur einen Typ epigenetischer Modifikationen an der DNA besitzen, der im Zusammenhang mit der Stilllegung von Genen steht und als Cytosin-Methylierung bezeichnet wird. Vor zehn Jahren wurden dann drei weitere Modifikationen in Wirbeltier-DNA entdeckt. Weil sie aber nur in sehr kleinen Mengen auftraten, waren sich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen unsicher, ob es sich um funktionale epigenetische Markierungen handelt.

Christof Niehrs und sein Team mit der griechischen Erstautorin Eleftheria Parasyraki haben nun zum ersten Mal gezeigt, dass eine dieser Modifikationen, nämlich 5-Formylcytosin, an der Aktivierung von Genen im frühen Entwicklungsstadium beteiligt ist. Diese Entdeckung beweist, dass Wirbeltiere mehr als einen Typ epigenetischer DNA-Markierung besitzen und sie wirft darüber hinaus Licht auf einen bisher unbekannten Mechanismus der epigenetischen Genregulation. „Diese Ergebnisse sind ein echter Durchbruch in der Epigenetik. 5fC ist erst die zweite epigenetische DNA-Modifikation neben Methylcytosin“, sagt Christof Niehrs. Niehrs ist Gründungsdirektor und wissenschaftlicher Direktor des IMB, das 2011 auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) eröffnet wurde.

Die Entdeckung, dass 5fC ein aktivierender epigenetischer Regulator auf der DNA ist, wirft viele Fragen auf, wie es genau wirkt und welche Rolle es spielt – über die frühe Genomaktivierung in einer Zygote hinaus. Besonders Krebszellen können sehr hohe Mengen an 5fC enthalten. Zusätzliche Studien über 5-Formylcytosin sind notwendig, um diese Fragen zu beantworten. Dies könnte uns schließlich zu einem besseren Verständnis verhelfen, wie wir uns entwickeln und wie die Genregulation bei Krankheit gestört wird.

Johannes Gutenberg-Universität Mainz


Originalpublikation:

E. Parasyraki et al., 5-Formylcytosine is an activating epigenetic mark for RNA Pol III during zygotic reprogramming, Cell, 29. August 2024, DOI: 10.1016/j.cell.2024.08.011