Der großflächige Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Landwirtschaft
gefährdet zunehmend Vögel auf Feldern. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue
Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA). Vor allem Rebhuhn und
Feldlerche finden durch den Chemikalieneinsatz weniger Nahrung, weil mit den
Schädlingen auch Futtertiere wie Schmetterlingsraupen und andere Insekten
getötet werden. Herbizide beseitigen außerdem Wildkräuter auf den Äckern,
von denen die Insekten leben. So wird die Nahrungskette nachhaltig gestört.
Dabei wäre es möglich, die Artenvielfalt auf Äckern, Feldern und Wiesen zu
schützen. Thomas Holzmann, derzeit amtierender Präsident des
Umweltbundesamtes: „Wir brauchen einen Mindestanteil von Flächen, auf denen
nicht gespritzt wird. Auf solchen Blühstreifen und Brachen fänden Feldvögel,
Schmetterlinge, und Bienen dann genügend Nahrung.“
Vor allem bei Feldvogelarten, die für die Aufzucht ihrer Jungen auf den
Feldern nach Insekten suchen, führt der Einsatz eines
Insektenvernichtungsmittels während der Aufzucht oft zum Verhungern der
Jungtiere und zur Gefährdung der Art. Bei Rebhuhn, Goldammer und Feldlerche
sind solche indirekten Gefährdungen durch Pflanzenschutzmittel nach
überwiegender wissenschaftlicher Auffassung weitgehend gesichert. Alle
Vogelarten, die am Boden brüten, leiden zudem darunter, dass Getreide durch
den Einsatz von Pilzbekämpfungsmitteln (Fungiziden) immer dichter
angepflanzt werden kann. Den Vögeln bleibt so zu wenig Raum und Nahrung, um
ihre Nachkommen aufzuziehen. Für die aktuelle Studie haben Forscher und
Forscherinnen die Ergebnisse zahlreicher anderer Studien zur Gefährdung von
Beständen ausgewertet, bei insgesamt 27 Vogel- und 22 Säugetierarten. Sie
wollten wissen, welche Ursachen es für den an vielen Orten beobachteten
Artenrückgang gibt.
Da mit der intensiven Landwirtschaft ein generelles Verbot chemischer
Pflanzenschutzmittel nicht vereinbar ist, sind Ausgleichsmaßnahmen
notwendig: „Mit Blühstreifen, Brachflächen und unbehandelten Dünnsaaten
lässt sich auch in der modernen, intensiven Landwirtschaft die Artenvielfalt
auf den Äckern schützen. Vieles davon ist bereits Bestandteil von den
Agrarumweltprogrammen der Bundesländer, wir haben also gute
Praxiserfahrungen damit. Die negativen Auswirkungen von
Pflanzenschutzmitteln lassen sich so deutlich mindern, ohne die Erträge zu
gefährden.“, sagte Thomas Holzmann. Langfristig müsse die Abhängigkeit der
Landwirtschaft von chemischen Pflanzenschutzmitteln ohnehin verringert
werden. Das sei auch der klare Auftrag der EG-Rahmenrichtlinie zur
nachhaltigen Verwendung von Pestiziden an die Mitgliedstaaten. „Der
Ökolandbau zeigt schon heute, dass es möglich ist, weitgehend ohne chemische
Pflanzenschutzmittel auszukommen. Bislang hat der Ökolandbau in Deutschland
allerdings nur einen Flächenanteil von 6 Prozent – und verfehlt damit das
Ziel der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie von mindestens 20 Prozent
Ökolandbau. Hier kann und muss mehr passieren.“, so Thomas Holzmann. UBA