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Bundesrat beschließt Änderungen zur Gentechnik-Sicherheitsverordnung (GenTSV)

In seiner Sitzung vom 07.06.2019 hat der Bundesrat Änderungen zur Gentechnik-Sicherheitsverordnung (GenTSV) beschlossen. Ausgehend von einem Initiativentwurfs der Bundesregierung (BR-Drs. 137/19) sind von den Ausschüssen und dem Land Hessen im Rechtsetzungsverfahren zahlreichen Änderungen gefordert worden.

Insbesondere die erstmalige Einführung von Regelungen zu den sog. Gene Drive-Organismen im deutschen Gentechnikrecht in den §§ 10 und 11 GenTSV stand dabei im Fokus der Änderungen. Diesen wird im Falle ihrer Freisetzung das Potenzial beigemessen, neue Eigenschaften zusammen mit dem Bauplan des Mechanismus für die gentechnische Veränderung an alle Nachkommen zu übertragen. Die Freisetzung von Gene Drive-Organismen soll daher das Risiko bergen, ganze Populationen von Pflanzen und Tieren irreversibel zu verändern oder auszurotten.

Aus diesem Grund hat der Bundesrat für Gene Drive-Organismen spezielle Regelungen zur Risikobewertung und Sicherheitseinstufung sowie für Schutzmaßnahmen beschlossen. Dazu sind Gene Drive-Organismen der Sicherheitsstufe 3 zuzuordnen (geänderte §§ 10 Abs. 5 S. 1, 11 Abs. 6 S. 1 GenTSV). Eine Einstufung in die Sicherheitsstufe 2 ist Wege einer Ausnahmeregelung möglich. Diese Abstufung steht dabei im Ermessen der Gentechnikbehörde. Die hohe Sicherheitseinstufung soll insbesondere der sicheren Verhinderung – und nicht nur Minimierung – unbeabsichtigter und missbräuchlicher Austragungen von Gene-Drive Organismen aus gentechnischen Anlagen dienen.

In diesem Zusammenhang wird sowohl von den Ausschüssen als auch vom Bundesrat befürwortet, in jedem der in den §§ 10 und 11 GenTSV erforderlichen Genehmigungsverfahren eine Stellungnahme der ZKBS zur sicherheitsrelevanten Einstufung der vorgesehenen gentechnischen Arbeiten und zu den erforderlichen sicherheitstechnischen Maßnahmen einzuholen.

Auch bei gentechnischen Arbeiten zur Herstellung hochwirksamer Toxine wird durch § 12 Abs. 1 GenTSV deren Einordnung in die Sicherheitsstufe 3 vorgeschrieben. Eine Ausnahmeregelung zur niedrigeren Einstufung besteht auch hier durch § 12 Abs. 3 i.V.m. § 7 Abs. 1 GenTSV.

Entgegen dem ursprünglichen Verordnungsentwurf der Bundesregierung wird die Gentechnikbehörde nicht gleichrangig mit dem Betreiber der gentechnischen Anlage zur praktischen Durchführung von Maßnahmen im Gefahrenfall beim Betrieb der Anlage verpflichtet. Der Bundesrat und die Ausschüsse sind der Auffassung, der Gentechnikbehörde fehlten zu einer solchen gleichrangigen Verpflichtung die notwenigen Kapazitäten. Sie sei rechtlich sowie personell, organisatorisch und materiell nicht dazu in der Lage. Zudem gebe es für eine solche Haftungserweiterung keinen hinreichenden Grund.

Analog der Regelungen zum Strahlenschutzgesetz schreibt die zukünftige Regelung des § 28 Abs. 3 GenTSV für alle Projektleiter mindestens alle fünf Jahre die Teilnahme an einem Projektleiterkurs und den Nachweis durch eine entsprechende Teilnahmebescheinigung vor. Im Einzelfall können die Kenntnisse auf eine andere geeignete Weise, die geeignet ist, den Wissensstand eines Projektleiterkurses zu vermitteln, nachgewiesen werden. Die Aktualisierung ist der zuständigen Behörde nachzuweisen. Diese entscheidet über die Anerkennung der Aktualisierung. Zwar ist damit die Regelung, wonach es im Ermessen der Behörde stehen sollte, im Einzelfall einen Projektleiter erneut in die Fortbildungsveranstaltung zu schicken, vom Tisch. Wie allerdings im Einzelfall alternativ zu einem Projektleiterkurs die entsprechenden Kriterien eines solchen Kurses nachgewiesen werden können, ist ungewiss, dies insbesondere dann, wenn die Behörde anschließend diese Variante anerkennen muss. Sofern kann Projektleitern nur angeraten werden, sicherheitshalber erneut einen Projektleiterkurs zu besuchen, der die staatliche Anerkennung hat, damit nicht anschließend die Aktualisierung von der Behörde in Abrede gestellt werden kann. Da die Regelungen zum Teil sofort/in 18 Monaten nach Veröffentlichung in Kraft treten, dürften alle Projektleiter, die vor 2016 ihren Projektleiterschein gemacht haben, jetzt erneut einen Projektleiterkurs besuchen müssen.

Die Ausschüsse hatten noch Änderungen der Bußgeldvorschrift in § 33 GenTSV befürwortet, die der Bundesrat letztendlich aber ablehnte.

Abschließend hat der Bundesrat die Bundesregierung insbesondere im Hinblick auf die rechtlichen Maßstäbe zu Gene Drive-Organismen aufgefordert, über die nun in der neuen GenTSV getroffenen Regelungen hinaus unter Berücksichtigung des Vorsorgeprinzips den Schutzgütern des § 1 Nr. 1 GenTG und insbesondere dem Naturschutz bei der künftigen Gestaltung der Vorgaben für die Risikobewertung und Sicherheitseinstufung von Gene Drive-Organismen besonderes Gewicht zu geben.

Dr. Petra Kauch AGCT Advogen Consult


Aktualisierung:

Mit Datum des 15.08.2019 wurde im Bundesgesetzblatt (BGBL) die neue Gentechnik-Sicherheitsverordnung (GenTSV 2019) veröffentlicht. Damit ist die 5-jährige Fortbildungspflicht für Projektleiter (PL) und Beauftragte für die biologische Sicherheit (BBS) amtlich. Eine Übersicht über die Anforderungen des § 28 Abs. 3 GenTSV (2019) an die anerkannten Fortbildungsveranstaltungen finden Sie hier. Für die Umsetzung der Änderungen sieht die neue GenTSV eine Frist bis zum 01.03.2021 vor.

AGCT