Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie haben gemeinsam mit Kollegen des Weizmann Institute of Science eine Berechnungsmethode entwickelt, die Persönlichkeit von Mäusen, die in einer semi-natürlichen Gruppenumgebung leben, objektiv zu messen. Die Erstautoren Oren Forkosh und Stoyo Karamihalev konnten mit ihrem Team vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie und dem Weizmann Institute of Science in Israel große Datenmengen sammeln, indem sie Videomaterial von Mäusegruppen analysierten. Sie färbten das Fell jeder einzelnen Maus in einer anderen Farbe, was ihnen ermöglichte Gruppen von Mäusen auszumachen, die sich ungestört verhielten.
Jedes Video wurde auf ein 60 verschiedene Verhaltensweisen analysiert, beispielsweise wie weit sich eine Maus anderen Mäusen nähert, ob sie sich gegenseitig jagen, weglaufen, oder wieviel Zeit sie im Nest oder beim Essen verbringen.
Die Wissenschaftler entwickelten einen mathematischen Algorithmus, der nach stabilen Persönlichkeitszügen suchte und es ermöglichte, Individuen aufgrund von unterschiedlichem Verhalten zu unterscheiden. Diese Methode funktioniert ähnlich wie Persönlichkeitstests beim Menschen. Diese bewerten die Menschen häufig nach fünf Dimensionen und suchen gezielt nach Eigenschaften, die im Laufe der Zeit konsistent bleiben.
Bei den Mäusen konnte der Algorithmus vier Dimensionen ausmachen, die das Verhalten von Mäusen erfassen und beschreiben. Um testen zu können, ob diese Eigenschaften stabil waren, durchmischten die Forscher die Gruppen, was für die Mäuse eine Stresssituation darstellt und fanden so heraus, dass obwohl sich einige der Verhaltensweisen geändert hatten, die Persönlichkeit der Mäuse stabil blieb.
Mit fortschrittlichen Methoden der RNA-Sequenzierung und gentechnisch modifizierten Mausstämmen konnten die Forscher zudem zeigen, dass die individuellen Unterschiede dieser Persönlichkeitsmerkmale den Unterschieden in der Genexpression in den Mäusegehirnen entsprachen und konnten so Mäuse mit unterschiedlicher genetischer Ausstattung identifizieren.
Stoyo Karamihalev erklärt: "Diese Methode hat das Potenzial, unser Wissen über Verhaltensbewertung und über stabile und konsistente Unterschiede der Persönlichkeit weit über das hinaus zu erweitern, was mit den derzeit verfügbaren Methoden möglich ist.
Sie eröffnet die Möglichkeit zu untersuchen, wie die Persönlichkeit von Genen, Medikamenten, Alterung usw. beeinflusst wird, wie sie im Gehirn repräsentiert und aufrechterhalten wird und wie sie zur psychischen Gesundheit und Krankheit beiträgt".
"Dies ist ein wichtiger erster Schritt, der zur Verbesserung von präklinischen Methoden beitragen könnte, die individuelle Unterschiede im Verhalten und in der Physiologie ermöglichen", sagt Studienleiter Alon Chen "wir hoffen, dass solche Ansätze dazu beitragen, eine verbesserte personalisierte Psychiatrie zu entwickeln.“
Max-Planck-Institut für Psychiatrie
Originalpublikation:
Oren Forkosh, Stoyo Karamihalev, Simone Roeh, Uri Alon, Sergey Anpilov, Chadi Touma, Markus Nussbaumer, Cornelia Flachskamm, Paul M. Kaplick, Yair Shemesh & Alon Chen: "Identity domains capture individual differences from across the behavioral repertoire.", Nature Neuroscience (2019)