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Urheberrecht für Wissenschaft und Bildung: Bundestag beschließt Reformen

Der Bundestag hat am 30. Juni in zweiter und dritter Lesung mit den Stimmen der Koalition Reformen am Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft beschlossen. Die Grünen enthielten sich dem Votum zum „Urheberrechts-Wissensgesellschafts-Gesetz“, die Linke stimmte gegen den Entwurf.

Die Ausnahmeregelungen im Urheberrecht werden neu geordnet, neue Vorgaben gelten unter anderem für digitale Semesterapparate und Data Mining.

 

 

Bildungsministerin Johanna Wanka (CDU) lobte, ein „Kraftakt“ für eine „moderne Wissenschaftslandschaft“ sei geschafft. Die Opposition kritisierte, der Gesetzentwurf sei ursprünglich in die richtige Richtung gegangen, dann aber zusehends verschlechtert worden. Kai Gehring (Grüne) sagte, die neuen Regelungen seien „besser als keine“, hätten in den Beratungen jedoch „eine Unwucht bekommen“. Petra Sitte (Linke) kritisierte Ausnahmen bei der Reform für Zeitungsverlage und das Fehlen von Regelungen etwa zum E-Book-Verleih.

 

Noch bis vor wenigen Tagen war offen, ob die Koalition die Reform in der laufenden Legislatur über die Bühne bringen würde. Teile der Union hatten sich zuletzt gegen den Gesetzentwurf gestellt. Am Dienstag einigten sich die Fraktionsspitzen dann auf einen letzten Kompromiss beim Entwurf.

 

Ausnahmen des Urheberrechts: Neuer Katalog

Mit der Reform will die Bundesregierung die Regelungen im Bildungsbereich erklärtermaßen vereinfachen, die Befugnisse zum Teil erweitern. Ein neu gestalteter Katalog an Ausnahmeregeln (Schranken) im Urheberrechtsgesetz regelt, wie geschützte Werke in Unis und Schulen, Bibliotheken, Archiven und Museen genutzt werden dürfen. Auch in Zukunft gibt es somit zwar keine allgemeine Faustregel, allerdings soll die Reform das Regelungsgeflecht im Bildungsbereich lichten, welches über die Jahre zu einem Labyrinth an Normen, Ausnahmen und Rückausnahmen angewachsen war.

 

Die Bundesregierung erhofft sich, dass „künftig jede Nutzergruppe auf eine Vorschrift zugreifen kann, die möglichst präzise Art und Umfang der erlaubten Nutzungen bestimmt“. So erhalten zum Beispiel Museen und Archive eine eigene Regel, die es ihnen erlaubt, ihre Bestände zu digitalisieren. Bislang war das nur eingeschränkt möglich, wenn der Bestand gefährdet war oder sie zufällig auch elektronische Leseplätze eingerichtet hatten. Die neuen Regeln sollen ab März 2018 gelten.

 

Digitale Semesterapparate: Gesetz vor Lizenz

Hochschulen dürfen Auszüge mit der Neuregelung auch dann in digitale Semesterapparate und Lernplattformen einstellen, wenn Verlage dafür Lizenzen anbieten – die Erlaubnis per Gesetz geht vor. Hochschulen können aber auch weiterhin Verträge mit Verlagen abschließen; etwa für Angebote, die über das gesetzliche Minimum hinausgehen. Bislang mussten sie in jedem Einzelfall prüfen, ob Verlage eine Lizenz zu „angemessenen Bedingungen“ anbieten, bevor sie die Auszüge verwenden durften.

 

Buchauszüge: Bis zu 15 Prozent erlaubt

Wie lang die digitalen Auszüge sein dürfen, steht nun im Gesetz: 15 Prozent eines Werks. Wissenschaftliche Aufsätze und andere „Werke geringen Umfangs“ dürfen wie bislang komplett verwendet werden; auch Abbildungen werden nun im Gesetz genannt. Bislang waren „kleine Teile“ erlaubt. Gerichte hatten dazu unter anderem entschieden, dass bis zu 12 Prozent eines Werks, aber nicht mehr als 100 Seiten erlaubt seien. Allerdings: Bei Zeitungsartikeln könnte in Zukunft weniger als bislang erlaubt sein.

 

Pauschalvergütung auch an Unis ausreichend

Auch für digitale Semesterapparate und Lernplattformen sind laut Gesetz Pauschalvergütungen ausreichend, wenn sie über Stichproben berechnet werden. Die Verwertungsgesellschaft VG Wort hatte vor Gericht dafür gestritten, digitale Nutzungen an Hochschulen einzeln abzurechnen. Das Modell scheiterte bisher am Widerstand der Hochschulen. Bei Schulen hatten sich Länder und Verwertungsgesellschaften bereits auf Pauschalen geeinigt.

 

Übergangslösung noch offen

Da die neue Regel erst für Verträge ab März 2018 gilt, ist bislang offen, wie digitale Semesterapparate im kommenden Wintersemester bestückt werden dürfen. Eine Interimsvereinbarung zur Pauschalvergütung zwischen Kultusministern, Hochschulrektoren und VG Wort läuft Ende September aus. Die VG Wort hat auf Anfrage von iRights.info angekündigt, die Gespräche „zeitnah“ wieder aufzunehmen.

 

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