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Zugvögel in Gefahr

Kuckuck, Turteltaube, Gartenrotschwanz, als Beispiele vieler weiterer Arten, die unseren Winter in Afrika südlich der Sahara verbringen, nehmen in ihren hiesigen Brutbeständen seit Jahren ab, und sehr viel mehr als die Zugvögel, die innerhalb Europas bleiben, wie das Rotkehlchen, oder als Vögel, die das ganze Jahr über bei uns bleiben, wie viele Amseln. Darauf weist Prof. Dr. Franz Bairlein, Direktor des Instituts für Vogelforschung in Wilhelmshaven, in einem gerade in der Zeitschrift Science erschienenen Beitrag hin.

 

Mehr als 20 Millionen Vögel werden alljährlich im Mittelmeergebiet illegal gefangen und getötet, vor allem in Ägypten, auf Zypern und im Libanon, aber auch in Italien. „Diesen „Massenvogelmord“ müssen wir stoppen“, so Bairlein, „doch für die allermeisten der bei uns im Sommer brütenden Zugvögel ist dies nicht der Grund für ihre über die letzten Jahrzehnte so stark zurückgehenden Bestände, da sie dort nicht durchziehen, sondern über das westliche Mittelmeergebiet in Winterquartiere nach Westafrika ziehen“.

Wesentliche Ursache für den Bestandsrückgang dieser Arten sind die massiven Verluste von Lebensräumen gerade im Mittelmeerraum, in Nordwestafrika und auch in den westafrikanischen Überwinterungsgebieten. Zunahme der landwirtschaftlich genutzten Fläche, Intensivierung der Landwirtschaft, Überweidung, Feuerholzgewinnung und Entwässerungen sind die wichtigsten Faktoren in diesen Regionen. Viele Zugvögel müssen unterwegs regelmäßig Energie auftanken, um weiterziehen zu können, ähnlich wie wir mit unseren Autos Tankstellen brauchen. Gerade vor der Überquerung der Wüste verdoppeln viele Arten ihr Körpergewicht durch Aufbau großer Fettmengen. Dazu brauchen die Vögel Rastplätze, in denen sie genügend Nahrung und Ruhe finden. Wirkungsvoller Zugvogelschutz muss deshalb neben den unverzichtbaren Maßnahmen in den Brutgebieten besonders auch die Durchzugs-, Rast- und Überwinterungsgebiete berücksichtigen. Noch ist Vieles im Detail nicht bekannt und es bedarf weiterer Forschung. Dennoch wissen wir schon einiges, was wir unmittelbar umsetzen können. „Dazu“, so Bairlein, „müssen wir vor Ort vor allem mit der lokalen Bevölkerung zusammenarbeiten, denn ohne sie ist nachhaltiger Naturschutz nicht erreichbar.“ Zugleich braucht es die internationale Unterstützung, fachlich wie finanziell, besonders aber die Bereitschaft, sich auch in diesen Regionen zu engagieren. Der auf Initiative von Prof. Bairlein kürzlich von der „Bonner Konvention“ des Umweltprogramms der Vereinten Nationen verabschiedete „Aktionsplan zum Schutz wandernder Landvogelarten“ oder das schon länger bestehende „Abkommen zur Erhaltung der wandernden Wasservögel“ schaffen den politischen Rahmen. „Es liegt an uns, aktiv zu werden. Wir können, wenn wir wollen“, appelliert Bairlein.

 

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Bairlein, F.: Migratory birds under threat. Science 354 (6312), 547-548. 2016, doi: 10.1126/science.aah6647

Institut für Vogelforschung science.sciencemag.org/content/354/6312/547