VBIO

Update: HRK zur Novellierung des Infektionsschutzgesetzes

Kritik an dem von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD zur ersten Beratung in den Bundestag eingebrachten Entwurf einer Novelle des Infektionsschutzgesetzes übte der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Prof. Dr. Peter-André Alt, in Berlin.
Zwar sei es erfreulich, dass die Hochschulen im Entwurf Berücksichtigung finden. Die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes trage aber den bisherigen Leistungen der Hochschulen, ihren ganz unterschiedlichen Aufgaben und Ausprägungen und dem größtmöglichen Schutz der konkreten Bildungsbiografien junger Menschen nicht angemessen Rechnung.

„Die Hochschulen haben in den letzten zwölf Monaten differenziert und sehr effizient gehandelt“, betonte Alt. „Sie haben in ihrem Verantwortungsbereich das Infektionsrisiko nachhaltig reduziert und zugleich den Studierenden kontinuierlich ermöglicht, ein Studium zu absolvieren und erfolgreich abzuschließen. Es ist nicht nachzuvollziehen, dass der Gesetzesentwurf sie nun unter Verkennung der unterschiedlichen Voraussetzungen und Gefährdungslagen einfach mit den Schulen gleichsetzt.“

In der Begründung des Gesetzesentwurfs seien zwar einige Aufgabenbereiche der Hochschulen aus der pauschalen Schließung bei einer Inzidenz von 200 wieder ausgenommen worden, aber dies sei bei weitem nicht ausreichend und auch nicht rechtssicher. „Neben der Forschung sind Ausnahmen notwendig insbesondere für Labortätigkeiten, Praktika, praktische und künstlerische Ausbildungsabschnitte und Prüfungen“, so der HRK-Präsident. „Auch die Hochschulbibliotheken müssen mindestens als Orte für die Abholung von Lehrmaterialien und für die Forschung zugänglich bleiben. Es droht ansonsten eine nachhaltige Beschädigung von Bildungsbiografien und wissenschaftlicher Arbeit. Studierende der musisch-künstlerischen Fächer, beispielsweise aber auch der Sportwissenschaften und der Humanmedizin wären besonders betroffen. Auch und gerade in diesen Fächergruppen haben sich die eingeführten umfangreichen Hygienemaßnahmen als Voraussetzung für die Durchführung von Präsenzformaten bewährt.“

Bei den Teststrategien wiederum habe die Politik offensichtlich nur an die Schulen gedacht und die Hochschulen vergessen.

Alt: „Die Hochschulen haben bislang im Bewusstsein ihrer Verantwortung für den Gesundheitsschutz eine vorsichtige Haltung eingenommen. Das war und ist richtig. Nun muss auf dem Erreichten aufgebaut werden anstatt Studium und Lehre pauschal auf null zurückzusetzen.“

HRK


Aktualisierung vom 20.04.2021:

Die HRK kritisiert scharf pauschale und untaugliche Regelungen für den Lehr- und Studienbetrieb an den Hochschulen in dem von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD derzeit für die zweite und dritte Lesung im Bundestag abgestimmten Entwurf einer Novelle des Infektionsschutzgesetzes. HRK-Präsident Prof. Dr. Peter-André Alt dazu soeben in Berlin: „Für die Hochschulen sind die aktuellen Nachrichten aus den Ausschüssen des Bundestags sehr beunruhigend. Der derzeitige Stand des Entwurfs ignoriert Spezifika, Anforderungen und Möglichkeiten der Hochschullehre in der Pandemie und gefährdet die bisherigen Leistungen der Hochschulen.

Eine pauschale und ausnahmslose Untersagung jeglicher Präsenzformate ab einem Inzidenz-Schwellenwert von 165 würde eine erhebliche Zahl an Studierenden unmittelbar schädigen. Die HRK fordert den Erhalt der bisherigen, ohnehin minimalen Praxismöglichkeiten in Lehre und Studium. Labortätigkeiten, praktische Ausbildungsabschnitte, künstlerische Übungen und Prüfungen sowie der Zugang zum Bestand der Hochschulbibliotheken müssen und können auch bei höheren Inzidenzen aufrechterhalten werden. Die Hochschulen haben kontinuierlich bewiesen, dass dies unter ausreichendem Schutz aller Beteiligten verantwortungsvoll durchführbar ist. Für die Betroffenen stehen hier für den Studienerfolg vitale Angebote der Hochschulen auf dem Spiel, für die Gesellschaft neben vielem anderen die Qualifizierung zukünftiger Medizinerinnen und Mediziner.

Die bislang geplante undifferenzierte Regelung, an Hochschulen ab einem Inzidenz-Schwellenwert von 100 bereits auf „Wechselunterricht“ umzustellen, bedeutet zudem eine völlig sachfremde Übertragung des schulischen Modells auf den akademischen Betrieb. Hochschullehre vollzieht sich nicht in Klassenverbänden. Veranstaltungen sind teilweise völlig, teilweise überhaupt nicht digital organisierbar. Die Hochschulen haben dementsprechende Lösungen bislang eigenverantwortlich gefunden – mit großer Umsicht und in Kenntnis der jeweiligen Möglichkeiten und Notwendigkeiten.

Ich erwarte und fordere, dass Bund und Länder sachgerechte Regelungen finden.“

Die HRK hatte bereits vor Beginn des Gesetzgebungsprozesses in einer Mitteilung (siehe Text oben) ihre Forderungen an den Gesetzgeber formuliert.