Die Europäische Kommission hat erstmals einen Mehrjahresplan für die Befischung der Nordsee vorgeschlagen. Er deckt mehr als 70 Prozent der Fischerei in der Nordsee ab. Fangbeschränkungen müssen demnach auf Grundlage wissenschaftlichen Erkenntnissen erlassen werden; zudem möchte die Kommission im Rahmen der Regionalisierung mehr Befugnisse auf die nationalen und regionalen Behörden übertragen. Entscheidungen sollen so künftig näher „am Ort des Geschehens“ getroffen werden. Die Fischereien in der Nordsee sind sehr komplex: Schiffe aus mindestens sieben Küstenstaaten der EU sowie Norwegen sind beteiligt. Die Schiffe nutzen unterschiedliche Fanggeräte und fangen damit eine Mischung verschiedener Arten, wie Kabeljau und Schellfisch, Scholle und Seezunge.
Mit dem Vorschlag wird ein Bewirtschaftungsplan eingeführt, der diesen Wechselwirkungen in gemischten Fischereien Rechnung trägt. Der Kommissar für Umwelt, Meerespolitik und Fischerei, Karmenu Vella, sagte: „Mehrjahrespläne sind ein wichtiges Werkzeug, um Entscheidungsbefugnisse auf die regionale Ebene zu verlagern. Deshalb schlagen wir für die Nordsee, einen unserer reichhaltigsten Fanggründe, einen solchen Mehrjahresplan vor. Das langfristig angelegte Konzept dient nicht nur dazu, den Erhaltungszustand von Beständen zu verbessern, sondern auch den Fischern langfristig mehr Planungssicherheit zu geben.“
Der Nordseeplan ist der erste umfassende Plan für dieses Meeresbecken. Er umfasst die Fischerei auf Grundfischarten, die in der Nordsee mehr als 70 Prozent des gesamten Fischereisektors aus. Ihr Anlandewert beläuft sich auf mehr als 850 Mio. Euro (2012). Gemäß dem Vorschlag muss die EU die Fangbeschränkungen so festlegen, dass die Fischbestände auf dem Niveau des höchstmöglichen Dauerertrags (maximum sustainable yield, MSY) befischt werden. Bei einer Befischung auf MSY-Niveau kann die Fischwirtschaft dem Meer die größtmögliche Menge Fisch entnehmen, während gleichzeitig ein guter Zustand der Fischbestände gewährleistet wird. Der Vorschlag wird den derzeitigen Wiederauffüllungsplan für Kabeljau sowie den Plan für Scholle und Seezunge ersetzen.
Durch die so genannte Regionalisierung werden bestimmte Entscheidungsbefugnisse auf die zuständigen nationalen und regionalen Behörden übertragen. So dürfen beispielsweise nach Einführung der Anlandeverpflichtung, einem wesentlichen Element der reformierten Gemeinsamen Fischereipolitik der EU, Fänge, die über die Quote eines Schiffes hinaus getätigt werden, nicht zurückgeworfen werden. Regionale Akteure werden auf die jeweiligen Gegebenheiten zugeschnittene Vorschriften zur schrittweisen Einführung der Anlandeverpflichtung empfehlen können.
Um die Fischereiüberwachung zu verbessern, enthält der Plan auch eine Verpflichtung, wichtige Arten nur in bezeichneten Häfen anzulanden, sowie neue Vorschriften im Zusammenhang mit der Pflicht zur Meldung von Anlandungen an die Behörden. Mit den vorgeschlagenen Vorschriften soll ein Gleichgewicht zwischen mehr Flexibilität für die Fischer und wirksameren Kontrollen erreicht werden: Künftig müssen mehr Fischer den nationalen Behörden ihre geplanten Anlandungen melden, doch sie können dies kurzfristiger tun.
Der heutige Vorschlag für die Nordsee baut auf der politischen Einigung auf, die das Europäische Parlament und der Rat in diesem Jahr bereits bezüglich des Mehrjahresplans für die Ostsee erzielt haben. Er beruht auf wissenschaftlichen Gutachten des Wissenschafts-, Technik- und Wirtschaftsausschusses für die Fischerei (STECF) und des Internationalen Rats für Meeresforschung. Der Beirat für die Nordsee wurde mehrmals zu diesem Vorschlag konsultiert. Darüber hinaus wurde eine umfassende öffentliche Online-Konsultation durchgeführt.
Der Vorschlag der Kommission wird nun dem Europäischen Parlament und dem Rat der EU zur Beratung vorgelegt.EU-Kommissionhttp://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=COM%3A2016%3A493%3AFIN&from=EN&lang3=choose&lang2=choose&lang1=DE