Auf Initiative des Landesverbandes Baden-Württemberg im Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland VBIO werden seit vielen Jahren Karl-von-Frisch-Preise für besonders herausragende Leistungen im Fach Biologie vergeben. Das von Dr. Peter Gilbert und von mir entwickelte erfolgreiche Konzept ist heute von zahlreichen anderen Bundesländern übernommen worden. Berücksichtigt werden Schülerinnen und Schüler mit außerordentlich guten Leistungen in der gymnasialen Oberstufe. Facharbeiten und weitere besondere Aktivitäten werden angerechnet. Die Verleihung der Preise erfolgt durch die jeweilige Schulleitung im Rahmen der Abiturfeier. Die Anforderungen sind extrem hoch gesteckt, so dass nur wenige hochbegabte Abiturientinnen und Abiturienten die Voraussetzungen erfüllen. In der Regel werden in Baden-Württemberg in jedem Jahr lediglich 50 Biologinnen und Biologen mit dem Karl-von-Frisch-Preis ausgezeichnet.
Ziel des Karl-von-Frisch-Preises ist es, die Bedeutung der Biologie als zentrale Naturwissenschaft in der Öffentlichkeit zu unterstreichen, die Leistung sehr guter Schülerinnen und Schüler zu würdigen und eine gesteigerte Motivation zu schaffen sich mit biologischen Inhalten zu beschäftigen. Wenn die Lebensgrundlage für die Menschen auf unserem Planeten erhalten bleiben soll, kommt es darauf an, der heranwachsenden Generation eine biologische Bildung zu vermitteln, die auf den verantwortungsvollen Umgang mit den natürlichen Ressourcen sowie auf die Erhaltung aller Lebensprozesse und damit auch auf die Verbesserung der Gesundheit jedes einzelnen gerichtet ist. Dazu sind fundierte biologische Kenntnisse unverzichtbar notwendig.
Die Bedeutung der Biologie beschränkt sich dabei nicht nur auf den Bereich der Umwelt. Die Biologie hat heute Antworten auf fundamentale Fragen zu unserer Existenz gefunden, die nicht nur unser Welt- und Selbstverständnis prägen. Die Ergebnisse biologischer Forschung, insbesondere der Molekularbiologie, der Neurobiologie, der modernen Genetik und der Biotechnologie bestimmen zunehmend den Fortschritt in Medizin und Pharmakologie. Aber auch ganz andere Gebiete, wie z.B. die Pflanzen- und Tierzüchtung, werden nachhaltig beeinflusst. Die Bewältigung der gegenwärtigen Probleme erfordert nicht nur den Sachverstand der Experten, sondern auch die Urteilsfähigkeit und das Engagement jedes einzelnen.
Viele Schülerinnen und Schüler werden später als Entscheidungsträger in Wirtschaft und Verwaltung, Politik und Justiz, in Schule und Gesundheitswesen, aber auch als Eltern Entscheidungen treffen müssen, die weitgehende biologische Kenntnisse erfordern. In unserem Leben, das in zunehmendem Maße durch die Anwendung wissenschaftlicher Forschung geformt wird, wächst die Gefahr, dass aufgrund von Unkenntnis oder Halbwissen im privaten und öffentlichen Bereich Fehlentscheidungen fallen, die zu erheblichen Schäden und Belastungen führen und die, wenn überhaupt, nur durch sehr großen Einsatz von Personal und Geld wieder beseitigt werden können.
Die Preisträgerinnen und Preisträger erhalten eine Urkunde, diein der Regel vom Kultusminister des Landes Baden-Württemberg und vom Präsidenten des Verbandes Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland VBiO unterzeichnet ist. Während der Verabschiedung der Abiturienten werden die Urkunden zusammen mit Präsenten des VBiO von der Schulleitung feierlich überreicht. Die Ausgezeichneten werden kostenfrei für ein Jahr in den VBiO aufgenommen und erhalten damit alle Vergünstigungen. Die Einladung zu einer gemeinsamen Veranstaltung ist eine wichtige Ergänzung zu den vergebenen Auszeichnungen, denn ein wesentliches Ziel der Preisvergabe ist die Förderung des Nachwuchses im Bereich der Biowissenschaften. Schülerinnen und Schüler mit einer besonderen Begabung für die Naturwissenschaften sollen zu einem entsprechenden Studium motiviert werden. So fanden mit großem Erfolg Veranstaltungen am Max-Planck-Institut für medizinische Forschung in Heidelberg mit Prof. Dr. Bert Sakmann, dem Nobelpreisträger für Medizin, sowie am Tübinger Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie mit Nobelpreisträgerin Frau Prof. Dr. Christiane Nüsslein-Volhard statt. Die Preisträgerinnen und Preisträger sowie ihrer Angehörigen und Freunde sind Ehrengäste bei den jährlichen Treffen der Biologinnen und Biologen in Baden-Württemberg.
Interessante Informationen zum Namenspatron des Preises finden sich auf der Rückseite der Urkunde. Karl von Frisch (1886 - 1982) hat den dort abgedruckten Lebenslauf im Alter von 94 Jahren selbst verfasst. Der große Forscher ist vielen bekannt, weil er die Sprache der Bienen enträtselt hat. Er erhielt viele akademische Preise, darunter auch den Nobelpreis für Medizin und Physiologie. Neben zahlreichen wissenschaftlichen Arbeiten hat er auch allgemeinverständliche Werke geschrieben, die weite Verbreitung und Beachtung fanden. Karl von Frisch ist in fast allen Schulbüchern mit seinem wissenschaftlichen Werk vertreten.
Der Karl-von-Frisch-Preis hätte ohne tatkräftige Hilfe nicht eingerichtet werden können. Mein Dank gilt den Landesbeauftragten. Danken möchte ich aber auch den Sponsoren, die die Idee des Karl-von-Frisch-Preises unterstützen. Stellvertretend für die zahlreichen Förderer des Preises nenne ich die Hauptsponsoren: SparkassenVerband Baden-Württemberg, Spektrum Akademischer Verlag und Ernst Klett Verlag.
Prof. Dr. Hans Dieter Frey
Für den Landesverbandes Baden-Württemberg
im Verband Biologie, Biowissenschaften und Biomedizin in Deutschland
Rundbrief Nr. 10, Heft 2, 1993, Der erste Karl-von-Frisch-Preis 1993, BiuZ 1993